Kanzlerin schwört Deutsche in Generaldebatte zum Haushalt 2012 auf harte Zeiten ein

Berlin. Kanzlerin Angela Merkel hat die Bürger trotz des Aufschwungs im eigenen Land auf harte Zeiten eingestimmt. Auch im nächsten Jahr stehe Deutschland vor riesigen Herausforderungen in einer Welt, die sich stark verändere, sagte die CDU-Vorsitzende gestern bei der Generaldebatte über den Haushalt 2012 im Bundestag. Merkel erklärte, zur Stabilisierung der Wirtschaftslage in Deutschland werde deutlich mehr Geld in den Ausbau der Verkehrswege investiert. Ohne moderne Infrastruktur könne Deutschland "kein Land mit Wohlstand sein". Außerdem würden jeweils sechs Milliarden Euro mehr für Forschung und Bildung ausgegeben. Das habe es noch nie gegeben.

Merkel verteidigte die parteiintern umstrittene Energiewende und kündigte in der Frage der atomaren Endlagerung nach Gesprächen mit den Ländern bis zum Sommer "konkrete Ergebnisse" an. Handlungsbedarf sieht Merkel in der Beschäftigungspolitik. Weniger als drei Millionen Arbeitslose, das habe es seit der deutschen Einheit so noch nie gegeben, sagte sie. Es gebe deutlich mehr Erwerbstätige. "Aber wir wissen auch, dass wir hier noch viel zu tun haben." Der Fokus liege auf der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.

Auch in der Pflege müssten noch weitere Schritte folgen, sagte Merkel. Die bislang geplanten Änderungen seien aber "erst mal das richtige Signal, Menschen zu helfen und ihren Angehörigen, die heute von der Pflegeversicherung nicht erfasst werden". Die Bundesregierung will vor allem Demenzkranke besser versorgen. Dafür sollen eine Milliarde Euro über eine Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte zum 1. Januar 2013 zur Verfügung gestellt werden.

Die SPD kritisierte die Finanzpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung als völlig falsche Weichenstellung. Ausgerechnet in Zeiten eines guten Wirtschaftswachstums und steigender Staatseinnahmen vergrößere die Koalition den deutschen Schuldenberg um weitere 26 Milliarden Euro, beklagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Linke-Parteichef Klaus Ernst monierte, trotz des Aufschwungs hätten die Menschen unterm Strich in den vergangenen Jahren ständig Reallohnverluste hinnehmen müssen. Ernst warnte, Deutschland stehe am Rande einer neuen, schweren Rezession. Dafür gebe es seitens der Regierung bislang aber weder eine Analyse noch eine Strategie.

Die Grünen beklagten einen mangelnden Gestaltungswillen der Koalition. Zu sehen sei heute immer mehr ein "Auslaufen der Regierungszeit", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast. Die Regierung habe "keinen Kompass" und keine Antworten auf die drängenden Probleme von Klimawandel über Bildung und Jugendarbeit bis hin zur Sicherung der gemeinsamen Währung.

Die Ausgaben des Bundes sollen sich 2012 auf 306,2 Milliarden Euro belaufen, das ist gegenüber 2011 eine geringe Steigerung um 400 Millionen Euro oder 0,13 Prozent. Die Neuverschuldung soll 26,1 Milliarden Euro betragen. Die Investitionen sollen mit 26,9 Milliarden Euro etwas höher liegen. Der Etat wird morgen in namentlicher Abstimmung beschlossen.