Patienten der privaten Kassen werden oft bevorzugt

Berlin/Hamburg. Gesetzlich Krankenversicherte müssen nach wie vor deutlich länger auf einen Arzttermin warten als Privatversicherte. Von den Mitgliedern einer privaten Krankenversicherung (PKV) mussten sich nur vier Prozent länger als drei Wochen gedulden, ergab eine Studie der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Von den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien es elf Prozent gewesen. Bei Fachärzten warten der Erhebung zufolge sogar rund fünfmal so viele Kassenpatienten länger als drei Wochen auf einen Termin als Mitglieder einer privaten Versicherung.

Insgesamt hatten 32 Prozent der gesetzlich Versicherten keine Wartezeit, der Rest aber schon: Bei sieben Prozent betrug die Wartezeit einen Tag, zwölf Prozent mussten sich zwei bis drei Tage gedulden. Elf Prozent gaben an, "bis zu drei Wochen" gewartet zu haben, und weitere elf Prozent mussten sich mehr als drei Wochen in Geduld üben. Der Chef der Kassenärzte, Andreas Köhler, räumte ein, dass Patienten in einigen Fällen eindeutig zu lange warten müssten. Für diese müssten Lösungen gefunden werden.

Zwischen den Kassenärzten und den Krankenkassen wird derzeit diskutiert, ob und wie sich die Wartezeiten reduzieren lassen. Von Sanktionen bei zögerlicher Terminvergabe ist die Rede. Das Bundesgesundheitsministerium will sich in dieses Thema nicht einmischen. "Das ist Sache der Selbstverwaltung", hieß es in Daniel Bahrs (FDP) Ministerium. Die niedergelassenen Ärzte beklagen sich seit Jahren darüber, dass sie viele Leistungen überhaupt nicht vergütet bekommen.

In Deutschland haben die Patienten 18 Arztkontakte pro Jahr - das ist europaweit spitze. Dennoch genießen die deutschen Ärzte bei ihren Patienten einen guten Ruf. 91 Prozent bezeichneten das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt als "sehr gut" oder "gut". Ähnlich sieht es bei der Fachkompetenz aus: Diese halten 43 Prozent für "sehr gut" und 49 Prozent für "gut". Nur etwa einer von hundert Patienten empfand laut Befragung die Arzt-Patient-Beziehung oder das medizinische Know-how als "überhaupt nicht gut".

Ein steigender Trend zeigt sich bei den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Der Anteil derjenigen, die von ihrem Arzt eine solche selbst zu zahlende Untersuchung angeboten bekommen haben, legte seit 2008 von 22 auf 24 Prozent zu. Vor allem fanden mehr Versicherte die Bedenkzeit, um ein solches Angebot anzunehmen, nicht ausreichend. Ihr Anteil stieg von 15 auf 19 Prozent. Ärztechef Köhler appellierte an seine Kollegen, mit den privat zu zahlenden Leistungen "sensibel umzugehen".

Die Arztbewertungsportale im Internet werden von den Deutschen offenbar gering geschätzt. Lediglich zehn Prozent der Befragten gaben an, diese medizinischen Portale bereits genutzt zu haben.