Ex-Minister kritisiert bei erstem Auftritt nach Plagiatsaffäre die Haltung beim Libyen-Einsatz

Halifax. Mit düsteren Ansichten zur Finanzkrise Europas und indirekter Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erstmals seit seinem Rücktritt Anfang März wieder zu Wort gemeldet. Guttenberg trat als Gastredner bei einer Podiumsdebatte des Internationalen Sicherheitsforums im kanadischen Halifax auf. Im Programm war er, naturgemäß ohne Doktortitel, als "hervorragender Staatsmann" (distinguished statesman) und Stipendiat (Fellow) des Washingtoner Thinktanks "Center for Strategic and International Studies" (CSIS) angekündigt.

Die seinetwegen angereisten 15 deutschen Reporter gingen leer aus: "KTG" gab weder eine Pressekonferenz wie etliche Teilnehmer der Tagung noch Interviews. Der geheimnisumwobenen Art, wie Guttenberg in Halifax auftauchte und verschwand, haftete etwas Geisterhaftes an.

Umso handfester waren die Redebeiträge des früheren Verteidigungsministers. In geläufigem, wenngleich nicht akzentfreiem Englisch attestierte er den Europäern nicht nur eine Schulden- und Währungskrise, sondern eine "Krise der politischen Führung". Kein Politiker - und Angela Merkel nahm er nicht aus - verstehe es, den Menschen in klaren, aber auch gefühlsbetonten Worten zu erklären, was in Europa vor sich gehe und was auf dem Spiel stehe.

An einer anderen Stelle der Diskussion stellte Guttenberg klar, dass er die deutsche Entscheidung, sich aus dem Nato-Einsatz in Libyen herauszuhalten, für einen schweren Fehler hielt. "Ich muss mich als ehemaliges Kabinettsmitglied diplomatisch ausdrücken", sagte Guttenberg, "aber meine Gefühle sehen anders aus."

Im Sommer war Guttenberg mit Familie in den US-Bundesstaat Connecticut übergesiedelt. Geflohen, könnte man auch sagen. Die Plagiatsaffäre, der Sturz vom Starminister mit Kanzlerpotenzial zum beschämenden "Fall Guttenberg" muss für die Familie schwer zu ertragen gewesen sein. Noch sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Hof wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Urheberrecht nicht abgeschlossen. Sollte die Sache günstig für Guttenberg ausgehen - also nicht mit Prozess, gar einem Urteil von bis zu drei Jahren Gefängnis -, ist ihm ein Comeback-Versuch zuzutrauen. Laut einem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" arbeitet er an einer neuen Doktorarbeit und erwägt eine Kandidatur für den Bundestag 2013.