Linke fordert Aufklärung: Was wusste der Verfassungsschutz?

Hamburg. Der Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, Manfred Murck, lässt Verbindungen stadtbekannter Neonazis zur Thüringer Szene prüfen. Wie Murck dem Abendblatt sagte, gab "es vermutlich Kontakte von Hamburger Rechtsextremen zu sonstigen Mitgliedern des Thüringer Heimatschutzes". Die Organisation habe aber aus mehr als 100 Leuten bestanden. Eine Überprüfung von möglichen Kontakten nach Hamburg sei sehr aufwendig, sagte Murck. "Wir müssen auch in alten Akten suchen. Da sollte man uns etwas Zeit geben."

Derweil hat ein Interview des obersten Hamburger Verfassungsschützers für Aufregung in der Hamburger Linksfraktion gesorgt. In einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk hatte Murck gesagt: "Wir haben dieses Trio nicht gekannt." Es tauche auch nicht in den Dateien auf. Die Linke macht diese Aussage stutzig: Im Hamburger Verfassungsschutzbericht 1998, der drei Monate nach dem Abtauchen der Neonazis veröffentlicht wurde, werde auf drei Angehörige des "Thüringer Heimatschutzes" hingewiesen, bei denen man Sprengstoff gefunden habe.

Wie man heute rekonstruieren kann, handelte es sich bei den Erwähnten um die späteren Mitglieder der Zwickauer Zelle. Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Christiane Schneider, sieht daher Aufklärungsbedarf. "Warum wird heute dementiert, dass man Kenntnis hatte?"

Die Behörde wehrt sich: "Hier werden offensichtlich einige Dinge miteinander verwechselt", sagte Verfassungsschützer Murck. Tatsächlich habe sein Amt auf die Gefährlichkeit der rechtsextremen Kameradschaftsszene hinweisen wollen, die zu dieser Zeit entstand. "Wir haben bereits damals vor der Gewalttätigkeit und auch der Gefahr rechtsterroristischer Entwicklungen gewarnt. Als einen Beleg für steigende Gewalttätigkeit haben wir auf die Bombenfunde beim Thüringer Heimatschutz und auf die Tatsache, dass die Täter flüchtig sind, hingewiesen", berichtete Murck.

"Diese Informationen stammten aus dem damaligen Meldeaufkommen und standen vermutlich auch in der Presse. Sie stammten nicht aus eigenen Ermittlungen des Hamburger Verfassungsschutzes." Man habe ein möglichst umfassendes Lagebild der Szene abliefern wollen. "Das sollte man jetzt nicht zu Vorwürfen ummünzen."

Als das Landesamt von der Mordserie erfahren habe, habe man geprüft, ob die Verdächtigen in den eigenen elektronischen Dateien auftauchen und ob es Belege für Kontakte der Hamburger Neonazi-Szene zu dem Trio gebe. "Das war nicht der Fall. Deswegen habe ich in einem Interview gesagt, dass die drei aus Zwickau nicht in unseren Dateien auftauchen", sagte Murck.