Ein Ex-Verfassungsschützer über die schwierige Arbeit der V-Leute und Verbindungsbeamten

Hamburg. Es ist eine Welt von Verrat und Aufklärung, konspirativen Treffen und fürchterlich viel Schreibarbeit: Verfassungsschützer reden - das liegt in der Natur der Sache - so gut wie nie über ihren Arbeitsalltag. Doch ein ehemaliger ranghoher Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes sagte dem Abendblatt: "Kreativität und Vertrauen sind die wichtigsten Tugenden eines guten Verfassungsschützers."

Zwei Methoden, so schildert der Ex-Behördenmitarbeiter, gibt es, um geeignete Verbindungsleute bei den zu durchleuchtenden Parteien, Organisationen oder Vereinen zu gewinnen: "Entweder man greift auf sogenannte ,Selbstanbieter' zurück, die Geld brauchen und von sich aus den Weg zum Verfassungsschutz antreten. Oder man versucht aktiv, Spitzel zu generieren." Im zweiten Fall werden Mitglieder der fraglichen Organisation ausgewählt, abgepasst und von speziell geschulten Mitarbeitern über die Möglichkeiten, für den Verfassungsschutz zu arbeiten, informiert. Dies geschehe natürlich nie nach dem Zufallsprinzip, so der Ex-Verfassungsschützer. "Meist wird man sich an Leute wenden, die noch frisch dabei sind und eher am Rande stehen."

Seit einigen Jahren sei es unter Geheimdiensten verpönt, Personen in Führungspositionen anzuwerben. Nach einem Verfassungsschutzskandal um die NPD, in dessen Verlauf sich herausstellte, dass weite Teile der Führungsstruktur aus V-Leuten bestanden, sei dies unmöglich, so der Ex-Geheimdienstler. Problematisch werde es indes, wenn Verbindungsleute in ihren Vereinen plötzlich in Führungsrollen gehievt werden sollen. "Dann ist Kreativität gefragt", sagt der Ex-Beamte.

Auch, wenn zum Beispiel auf einer Demonstration von dem V-Mann gefordert wird, das Mikro zu übernehmen, werde es schwierig. "Im Regelfall sollte er sich dann etwas einfallen lassen, damit dieser Kelch an ihm vorbeigeht." Die besten V-Leute, so der Ex-Ermittler, "halten sich im Hintergrund und bekommen trotzdem alles mit". Natürlich sei es zum Beispiel für verdeckte Ermittler im Neonazi-Milieu kaum zu vermeiden, ab und zu den verbotenen Hitlergruß zu zeigen, sagt der Insider. "Doch wenn es zu tätlichen Auseinandersetzungen kommt und Andersdenkende angegriffen werden, dann ist für den V-Mann Schluss. "Das darf er nie und nimmer mitmachen."

Reich werden könne man als Informant der Sicherheitsbehörden kaum, sagt der frühere Verfassungsschützer. "Zwar ist der Lohn so ausgelegt, dass eine langfristige Zusammenarbeit zustande kommen kann, doch die Bezahlung ist nicht darauf ausgelegt, dass die Bezieher davon ihren Lebensunterhalt bestreiten können."

Für die V-Mann-Führer, die Verbindungsleute in der Behörde, besteht der Alltag vor allem aus Schreibarbeit. "Es gilt, sämtliche Informationen zu gewichten, zu sortieren und so abzulegen, dass sie jederzeit in allen Zusammenhängen wieder abrufbar sind." Ein Problem bei der V-Mann-Führung sei, dass man nie wisse, welche Informationen eines Tages wichtig werden. "Man verwaltet wahnsinnig viel Irrelevantes."