Westerwelle und Scholz eröffnen die Lateinamerika/Karibik-Stiftung der Europäischen Union

Hamburg. Im Jahr 1827 trafen die Hamburger Stadtväter eine weitsichtige Entscheidung. Als weltweit erste Gebietskörperschaft schlossen sie Handels- und Wirtschaftsverträge mit den neuen unabhängigen Staaten in Lateinamerika wie Brasilien ab. Knapp zwei Jahrhunderte später konnte die Stadt gestern eine bemerkenswerte Frucht dieser Entscheidung ernten: Im Rathaus eröffneten Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) offiziell die EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung, die ihren Sitz in Hamburg hat.

In der offiziellen Aufgabenbeschreibung heißt es etwas blumig, die Stiftung solle durch "die Förderung der Zusammenarbeit zwischen der EU und Lateinamerika dazu beitragen, den Beziehungen zwischen beiden Regionen eine neue Dynamik zu verleihen". Welchen konkreten Nutzen Hamburg daraus ziehen kann, erklärt ein Blick in die Vergangenheit. Nachdem die Hansestadt 1827 offizielle Beziehungen nach Lateinamerika aufgenommen hatte, entwickelte sich ein reger Austausch von Waren und Menschen. So wurde Hamburg im 19. Jahrhundert zum wichtigsten Auswanderungshafen in Richtung Südamerika, 1871 eröffnete die erste direkte Schifffahrtslinie nach Brasilien. Heute leben mehr als 15 000 Menschen mit Spanisch und Portugiesisch als Muttersprache in der Metropolregion Hamburg, es gibt eine Städtepartnerschaft mit León in Nicaragua, und der Güterumschlag mit der Region im Hamburger Hafen hat sich von 1996 bis 2006 von 5,5 auf 13,2 Millionen Tonnen mehr als verdoppelt. Weil Hamburg zudem als "Brückenkopf nach Osteuropa" fungieren kann, setzte sich die Stadt gegen die Konkurrenten Paris und Mailand als Stiftungssitz durch.

Scholz sprach von einem "freudigen Ereignis" inmitten der Schuldenkrise. In all dem Gerede über Rettungsschirme und Hebelwirkungen verliere mancher aus dem Blick, dass Europa auch ein "Versprechen auf Frieden und Wohlstand" sei. Westerwelle bezeichnete Lateinamerika als "Kontinent mit enormen Chancen". Europa müsse anerkennen, dass neue "Kraftzentren" wie Brasilien in die Weltspitze drängten. Dem Abendblatt sagte der Außenminister: "Ich bin überzeugt, dass Hamburg von der Stiftung und dass die Stiftung von Hamburg profitieren wird."

Das Stiftungskapital von rund zwei Millionen Euro zahlt größtenteils die EU ein, einen kleineren Teil die Bundesrepublik. Hamburg stellt die Räume für bis zu 20 Mitarbeiter - die aber noch gesucht werden. Noch ist Stiftungschef Jorge Valdez übergangsweise in der City untergebracht.