Frauen häufiger betroffen als Männer. Sozialverbände bezeichnen Politik als weitgehend wirkungslos

Wiesbaden. Rund 12,6 Millionen Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht - das sind 15,6 Prozent der Bevölkerung. Am meisten gefährdet sind Arbeitslose und Alleinerziehende, wie das Statistische Bundesamt mitteilte und sich auf die aktuellsten Zahlen aus 2009 berief. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Jugendliche stärker als Ältere, Singles öfter als Menschen mit Familie. Insgesamt blieb das Armutsrisiko in den vergangenen Jahren ziemlich konstant.

Für das Bundessozialministerium belegt die Statistik "die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme", für die Sozialverbände sind die Zahlen Beleg einer verfehlten Politik und Beweis für eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Am meisten von Armut bedroht sind Arbeitslose: Im Jahr 2009 waren statistisch mehr als sieben von zehn Erwerbslosen armutsgefährdet.

Nach Arbeitslosen waren Alleinerziehende und ihre Kinder die am stärksten betroffene Gruppe: 2009 galten 43 Prozent der Menschen in diesen Haushalten als armutsgefährdet. Betrachtet man alle Haushalte mit Kindern, betrug die Armutsgefährdungsquote 15 Prozent. Risikogruppe Nummer drei sind die Singles.

Nach der Definition der Statistiker gilt als "armutsgefährdet", wer im Jahr 2009 weniger als 940 Euro monatlich zur Verfügung hatte. Die "Armutsgefährdungsquote" gibt den Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung an. Die Statistiker befragten dafür 2010 im Rahmen einer europaweiten Erhebung 13 079 Haushalte mit insgesamt 23 531 Menschen ab 16 Jahren zu Einkommen und Lebensbedingungen. Im Sozialministerium hieß es, im EU-Vergleich habe Deutschland ein unterdurchschnittliches Armutsrisiko.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband sprach von "einem neuerlichen Dokument tief greifender Verwerfungen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft". Den zwölf Millionen Armen stehe ein privates Geldvermögen von rund fünf Billionen Euro gegenüber. "Armutspolitik in Deutschland bleibt weitestgehend wirkungslos", sagte Gerd Häuser, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Tafel.