Bundespräsident sichert weitere Hilfe aus Deutschland zu

Tokio. Bundespräsident Christian Wulff hat bei einem Besuch im Katastrophengebiet von Fukushima Opfern und Hinterbliebenen weitere Hilfe aus Deutschland zugesagt. Zugleich würdigte Wulff gestern die Aufbauleistung der Japaner. In Iwaki, etwa 50 Kilometer von der Stadt Fukushima entfernt, traf Wulff außerdem Menschen, die nach dem Reaktorunfall ihre Häuser verlassen mussten. Auch sieben Monate nach Erdbeben, Tsunami und Atomunfall leben noch Tausende in Behelfwohnsiedlungen. Etwa 16 000 Menschen kamen damals ums Leben, 4000 gelten noch als vermisst.

"Ich verneige mich vor Ihrer Aufbauleistung", sagte Wulff bei der Besichtigung einer Behelfswohnsiedlung. Er äußerte aber auch Verständnis für die anhaltende Unsicherheit über die Strahlenbelastung. Hier müsse so schnell wie möglich Klarheit geschaffen werden. Die Sorge vor der Strahlung ist ein Grund, warum viele Menschen nicht in ihre Heimatorte zurückkehren.

Vor Studenten der Universität Tsukuba suchte der Bundespräsident zudem Sorgen zu zerstreuen, die Deutschen könnten Japan nach dem Atomunglück dauerhaft fernbleiben. Auch er habe auf seiner Reise SMS mit dem Tenor erhalten: "Pass auf Dich auf, wenn Du nach Japan fährst." Man dürfe aber "Japan nicht mit Fukushima gleichsetzen", sagte Wulff. Deutsche Messungen hätten im Übrigen ergeben: "Die Radioaktivität ist hier geringer als in Deutschland." Zahlreiche Bundesbürger - so auch sämtliche Diplomaten - seien inzwischen wieder ins Land zurückgekehrt. "Sie können sich auf Deutschland an Ihrer Seite verlassen", betonte Wulff, dem die Hochschule die Ehrendoktorwürde verlieh.

Dabei hat Wulff den Atomausstieg in Deutschland als "Jahrhundertprojekt" bezeichnet und mit dem Plan zur Mondlandung verglichen. Das Projekt müsse jetzt entschlossen umgesetzt werden, dazu gehörten Fortschritte bei der Energieeffizienz. Die Katastrophe von Fukushima zeige, dass man auch das "Undenkbare" mitdenken und Fortschritt mit Nachhaltigkeit einhergehen müsse. Angesichts des Klimawandels werde deutlich, dass Wachstum künftig von immer höherem Ressourcenverbrauch abgekoppelt werden müsse.

Die Welt muss sich nach den Worten von Wulff die Begeisterungsfähigkeit für technische Neuerungen unbedingt erhalten, gleichzeitig aber, etwa bei der Stammzellenforschung, grundsätzliche Diskussionen um den Wert und die Würde menschlichen Lebens führen. Technischer Fortschritt müsse immer auch an ethischen Grundfragen gemessen werden. "Nicht alles, was technisch machbar ist, soll auch wirklich gemacht werden." Zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik sagte Wulff, wissenschaftliche Expertise müsse gesellschaftliche und politische Willensbildung stets begleiten. Die Entscheidungsfindung selbst aber müsse bei den Volksvertretern liegen.