Bundesweit gewinnen die Berliner Piraten an Zustimmung

Berlin. Des einen Glück ist des anderen Leid: Die Piratenpartei wird bald die Büros der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus beziehen. Besonders freut sich die Fraktion im Zeichen des schwarzen Segels aber auf einen anderen Nachlass der Liberalen: "Der fette Server-Schrank im Keller gehört jetzt uns", jubelte ein Fraktionsmitglied.

Wenn es nach dem Forsa-Wochentrend für "Stern" und RTL geht, nähme die Partei bei einer Bundestagswahl in dieser Woche der FDP auch im Bundestag die Büros weg. Sieben Prozent der Befragten würden die Piraten wählen. Nicht einmal ein Drittel davon (zwei Prozent) stehen zur FDP. Auch außerhalb Berlins wollen die Wähler ihr Kreuzchen aber nicht aus Überzeugung und Vorliebe für das Piraten-Kernthema Transparenz setzen. 84 Prozent der potenziellen Wähler sehen die Partei laut Umfrage vor allem als frische Alternative zur verkrachten Regierung oder den angestaubten Grünen.

Die Verantwortung der Piratenfraktion in Berlin wächst, und mit ihr auch der Sitzungssaal. Nachdem die 14 Männer und eine Frau sich nach dem Wahlerfolg in der vergangenen Woche in einem überfüllten Raum getroffen haben, erhielten sie am Dienstagabend einen größeren. Und während sie beim ersten Treffen vor allem Chaos und Streit produzierten, rauften sich die Polit-Neulinge jetzt zusammen. Der Abgeordnete Alexander Morlang brachte es auf den Punkt: "Wir arbeiten jetzt, wir sind nicht mehr provisorisch, wir machen jetzt Nägel mit Köpfen!" Eine Satzung wurde verabschiedet sowie eine Wahl- und Geschäftsordnung. Dabei schränken die Piraten bereits jetzt ihre selbst auferlegte, vollständige Transparenz ein. Sitzungen können auch hinter verschlossenen Türen stattfinden, wenn ein Fraktionsmitglied dafür eine einfache Mehrheit hinter sich vereinen kann. "Das ist eine Gratwanderung zwischen bestehenden Gesetzen und Transparenz", sagte Pirat Gerwald Claus-Brunner.

Im Vorfeld hatte es internen Streit über die öffentlichen Sitzungen gegeben. Der 27 Jahre alte Abgeordnete Christopher Lauer, der nach den Wahlen zum Bundesvorsitzenden und zum Spitzenkandidaten in Berlin nun auch bei der Abstimmung zum Fraktionschef gescheitert ist, sprach angesichts öffentlicher Versammlungen von "Bauchschmerzen". Vor allem mit Claus-Brunner hatte er sich angelegt, der eine Einschränkung als Verrat an den Grundwerten der Partei sah: "Flieg nicht zu hoch, mein Freund."

Lauers Ängste scheinen aber hinsichtlich der Zuschauerzahlen unberechtigt. Höchstens 554 Interessierte schalteten gleichzeitig den Internetstream ein.