Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) nimmt Vorschlag von FDP-Politikern positiv auf

Berlin. Union und FDP nähern sich in der Debatte um Mindestlöhne weiter an. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) warb im Abendblatt dafür, für die Festlegung von Mindestlöhnen grundsätzlich Kommissionen einzusetzen. "Wenn es Mindestlöhne geben soll, dann schlage ich das Modell aus Großbritannien vor: Dort einigen sich Kommissionen aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf Löhne, die wirtschaftlich erträglich sind", sagte der Minister. "Wenn man zu einem Kompromiss mit der Union kommen möchte, wäre dies ein Vorschlag, den ich mittragen würde." In einzelnen Branchen - etwa bei den Pflegekräften - möge es sinnvoll sein, dass sich Gewerkschaften und Arbeitgeber auf Mindestlöhne verständigen.

Er sei allerdings der festen Überzeugung, dass eine staatlich festgelegte Lohnuntergrenze für alle Branchen der falsche Weg wäre. "Das würde in Wahlkämpfen zu einem Überbietungswettbewerb führen", warnte das FDP-Präsidiumsmitglied. Er wies auch darauf hin, dass in der FDP und weiten Teilen der Union ein gesetzlicher Mindestlohn nicht durchsetzbar sei.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nahm den Niebel-Vorschlag positiv auf. "Ich freue mich über die Überlegungen von Dirk Niebel. Die Debatte, wie man die richtigen Mindestlöhne findet, wollen wir beide führen. Entscheidend ist, dass wir marktwirtschaftlich organisierte Mindestlöhne hinbekommen, nicht von der Politik vorgegebene", sagte von der Leyen dem Abendblatt. Wie der Entwicklungsminister sprach sich auch der schleswig-holsteinische Sozialminister Heiner Garg (FDP) für die Gründung einer Lohnfindungskommission aus. "Dieses Gremium sollte zu je einem Drittel aus Arbeitgebern, Gewerkschaftern und Wissenschaftlern bestehen." Er werde bei der nächsten Arbeits- und Sozialministerkonferenz einen entsprechenden Antrag einbringen, kündigte der FDP-Politiker an. In dem Antrag werde die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, wie eine solche Lohnfindungskommission errichtet werden könnte.

Der Arbeitnehmerflügel der Union, der bislang eine allgemeine Lohnuntergrenze auf Basis des Zeitarbeits-Mindestlohns fordert, zeigte sich gesprächsbereit. Der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marcus Weinberg, forderte eine Auseinandersetzung mit dem liberalen Vorstoß: "Der Vorschlag führender FDP-Politiker ist sehr begrüßenswert und diskussionswürdig. Ob eine Lohnfindungskommission oder die tarifliche Orientierung an der Zeitarbeit Maßgabe zur Findung einer Lohnuntergrenze ist, bleibt für mich dann eine offene Diskussion, wenn dadurch garantiert wird, dass tariffreie Zonen nicht mehr zum Lohndumping führen und die Menschen Gewissheit haben, dass sie für gute Arbeit einen gerechten und auskömmlichen Lohn bekommen", machte Weinberg im Abendblatt seinen Standpunkt klar. Die Debatte sieht der Hamburger CDU-Chef als Chance für die Regierungsparteien, ihr soziales Profil zu schärfen. "Die christlich-liberale Koalition könnte mit einer Lösung des Themas mehr als nur ein Konzept gegen die Verwerfungen im Lohnbereich entwickeln: Sie würde wieder ein starkes politisches Signal in Richtung Arbeitnehmerschaft setzen und als Hüter der Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft auftreten."

Bei der Frage nach möglichen Entlastungen für Arbeitnehmer nannte Niebel Steuersenkungen "eine zwingende Aufgabe für diese Legislaturperiode". Falls eine Abmilderung der kalten Steuerprogression im Bundesrat scheitere, "sollten wir den Solidaritätszuschlag abschaffen", forderte der frühere Generalsekretär. "In jedem Fall muss die Entlastung kombiniert werden mit Haushaltskonsolidierung."