Merkel und Schäuble befürchten anderenfalls mehr Schulden als Stabilität in der EU

Berlin. Die Bundesregierung bleibt in der Schuldenkrise bei ihrem Nein zu den umstrittenen Euro-Bonds, setzt sich aber für eine engere politische Union in Europa ein. Damit verbunden seien die Aufgabe von nationalen Souveränitätsrechten und eine Änderung der europäischen Verträge, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der "Welt am Sonntag". Dass es noch nicht so weit sei, sei "einer der Gründe für das Misstrauen der Märkte". Euro-Bonds seien zum jetzigen Zeitpunkt "genau der falsche Weg", unterstrich Bundeskanzlerin Angela Merkel im ZDF-Sommerinterview. "Sie führen uns in die Schuldenunion und nicht in die Stabilitätsunion." Sie wisse allerdings nicht, "ob in einer fernen Zukunft wir uns weiterentwickeln müssen".

Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler sagte der "Bild am Sonntag": "Ich schließe aus, dass es mit dieser Bundesregierung Euro-Bonds geben wird! Dafür steht die FDP."

Die Einführung von Euro-Bonds würde bedeuten, dass nicht mehr einzelne Staaten Schuldtitel ausgeben, sondern die Euro-Zone als Ganzes. Dadurch würde die Zinslast für hoch verschuldete Länder wie Griechenland oder auch Italien sinken, für "Musterschüler" wie Deutschland würde sie dafür aber höher als heute ausfallen. CSU-Chef Horst Seehofer warnte in der "WirtschaftsWoche" zudem vor der "inflationären Tendenz" solcher Anleihen.

Experten des Bundesfinanzministeriums gehen von Mehrbelastungen durch höhere Zinskosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro im ersten Jahr und zwischen 20 und 25 Milliarden Euro nach zehn Jahren aus. Zum Vergleich: Im Bundeshaushalt 2011 sind rund 37 Milliarden Euro an Zinsaufwendungen vorgesehen. Die Experten gingen davon aus, dass die Zinsen für Euro-Bonds verglichen mit Bundesanleihen um rund 0,8 Prozentpunkte steigen würden. Allerdings kursieren seit Monaten unterschiedliche Zahlen dazu - je nach Grundlage der Berechnung. Die Opposition hält Euro-Bonds dennoch für notwendig. Sie würden zwar Deutschland belasten, sagte Grünen-Parteichef Cem Özdemir der "WirtschaftsWoche". Aber: "Verglichen mit dem, was uns der Zerfall des Euro und damit der EU kosten würde, wäre das eine sinnvolle Investition in eine dauerhaft stabile Gemeinschaftswährung." Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, Euro-Bonds seien unausweichlich.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat die Politik angesichts der Euro-Krise ermahnt, die Macht der Rating-Agenturen zu begrenzen. "Es ist besorgniserregend, dass die Finanzmärkte ins Wanken geraten, wenn eine Rating-Agentur ein Land in der Bewertung herabstuft", sagte Hundt dem Hamburger Abendblatt. "Wir sollten nach Wegen suchen, diese Entwicklung zu stoppen. In jedem Fall sollte es auch eine europäische Rating-Agentur geben", forderte der Arbeitgeberpräsident. Er bezeichnete die Macht der Rating-Agenturen als "gewaltig". Das sei eine Entwicklung, "die mir sehr zu denken gibt".

Dem griechischen Haushalt droht wegen des Schrumpfens der Wirtschaft eine gefährliche Schieflage. Nach Schätzungen des Athener Finanzministeriums ist das Ziel, Ende 2011 das Defizit auf 7,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu verringern, nicht mehr erreichbar. Athen geht jetzt von einem Defizit von mindestens acht Prozent aus. Finanzminister Evangelos Venizelos schlug Alarm in einem Brief an Vertreter des Euro-Raums. Er rief dazu auf, die Beschlüsse des EU-Gipfels für weitere Hilfen an Griechenland schnell umzusetzen.