Datenschützer Caspar kritisiert Gesichtserkennungs-Software des sozialen Netzwerks

Hamburg. In der vermutlich größten digitalen Foto-Datenbank der Welt lagern etwa 75 Milliarden Bilder. Sie sind von keinem Geheimdienst heimlich aufgenommen worden, sondern ganz offen von den Hunderten Millionen von Nutzern der Internetplattform Facebook ins Netz gestellt worden. Was jedoch kaum ein Nutzer ahnt: Während er sich im Netzwerk aufhält, läuft im Hintergrund ein Gesichtserkennungsprogramm. Lädt jemand beispielsweise Fotos von der Geburtstagsfeier hoch, untersucht das Programm die biometrischen Merkmale der abgebildeten Gesichter und vergleicht sie mit den übrigen bei Facebook gespeicherten. Bei Übereinstimmungen wird eine Namensmarkierung für die erkannte Person vorgeschlagen. So soll das globale Freundschaftsnetz immer dichter geknüpft werden.

Doch Hamburgs Datenschützer Johannes Caspar warnt nun vor "erheblichem Missbrauchspotenzial" der Gesichtserkennung. "Wenn die Daten der Nutzer in falsche Hände gelangen würden, könnte man jemanden anhand eines selbst aufgenommenen Handyfotos biometrisch vergleichen und identifizieren", sagte Caspar dem Abendblatt. Mit so einem System könne man in undemokratisch regierten Staaten Oppositionelle und deren Sympathisanten anhand von Fotoaufnahmen ermitteln. Es könne aber auch sein, dass Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Datenbank nähmen. "Es besteht eine Gefahr für das Recht auf Anonymität", warnt Caspar. Bei der Gesichtserkennung handele es sich um einen schweren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht

Der Datenschützer hat deswegen Facebook schriftlich aufgefordert, das ungefragte Erheben biometrischer Daten zu beenden und erhobene Daten zu löschen: "Die rechtliche Situation ist meiner Meinung nach eindeutig." Nach europäischem und deutschem Datenschutzrecht müsse Facebook zunächst eine Einwilligung vom Nutzer einholen. Dafür sei es bislang notwendig, sich erst durch das "Gestrüpp" der Hilfe-Einstellungen durchzukämpfen, bis man dem Speichern widersprechen könne. "Das ist zu intransparent und reicht nicht", sagte Caspar. Er habe bisher keine Reaktion des Unternehmens, gehe aber davon aus, dass es auf die Kritik eingehen werde. "Für den Fall, dass es keine Korrekturen gibt, behalten wir uns rechtliche Schritte vor. Das könnten ein Bußgeld-Verfahren oder eine Untersagungsverfügung sein."

Unterstützung erhält Caspar vom Bundesministerium für Verbraucherschutz. "Wir erwarten von Facebook, dass es sich den europäischen und deutschen Datenschutzstandards anpasst und den Forderungen des Hamburgischen Landesdatenschutzbeauftragten nachkommt", sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Eine Facebook-Sprecherin sagte zu "Spiegel Online", man prüfe die Aussagen Caspars, weise aber "ausdrücklich jegliche Vorwürfe von uns, die besagen, dass wir unseren Verpflichtungen gegenüber den Datenschutzgesetzen der Europäischen Union nicht nachkommen".