Nach den Attentaten geraten deutsche Extremisten ins Visier der Sicherheitsbehörden

Hamburg. Sie tragen schwarze Kapuzenpullis, Sonnenbrillen, sie führen das "autonom" im Namen, und wenn sie am 1. Mai durchs Hamburger Schanzenviertel laufen würden, würden sie wohl niemandem auffallen. Doch die Autonomen Nationalisten gehören nicht zum Schwarzen Block, dem militanten Teil der linken Szene. Sie sind Rechtsradikale - und sie rücken nach den Anschlägen von Norwegen in den Fokus der Verfassungsschützer.

Denn die Autonomen Nationalisten teilen als Rechtsextreme nicht nur Elemente ihrer Ideologie mit dem norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik, sondern gelten auch als extrem aggressiv. Man beobachte die rechtsextremistische Szene genau, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gestern der "Rheinischen Post". "Sorgen machen mir insbesondere die sogenannten nationalen Autonomen, die sich zunehmend nach dem Beispiel der Linksautonomen formieren", betonte Friedrich.

Zu der Szene gehören laut aktuellem Bericht des Bundesverfassungsschutzes etwa 1000 Anhänger. "Innerhalb der neonazistischen Szene haben die 'Autonomen Nationalisten' aufgrund ihres wachsenden Personenpotenzials und ihrer Attraktivität für junge Rechtsextremisten eine herausragende Bedeutung", heißt es dort. Die braunen Autonomen sind für Jüngere attraktiv, weil sie weniger hierarchisch strukturiert sind, schwerer identifiziert werden können und ihre Ideologie um bislang linke Punkte wie Anti-Globalisierung und Anti-Kapitalismus erweitert haben. Die Verfassungsschützer bescheinigen ihnen "ein im Vergleich zur übrigen Neonazi-Szene erhöhtes Gewaltpotenzial". Ihre besondere Brutalität bewiesen die braunen Autonomen bundesweit zum ersten Mal bei einem Protestzug 2008 in Barmbek: Sie machten gezielt Jagd auf Gegendemonstranten und Journalisten. Nur knapp habe man Tote verhindert, hieß es später bei der Einsatzleitung der Polizei.

Bernhard Witthaut, Chef der Gewerkschaft der Polizei, bestätigt die gesunkene Hemmschwelle. "Die Kollegen im Einsatz stellen eine andere Dimension der Gewaltbereitschaft fest", sagte Witthaut dem Abendblatt. Neu sei, dass diese Aggressionen auch vor anwesenden Polizisten nicht haltmachten.

Bernd Wagner leitet die Initiative "Exit", die Rechtsradikalen einen Ausstieg aus der Nazi-Szene ermöglicht. Dass Mitglieder der Nationalen Autonomen nicht nur zu Schlägereien, sondern auch zu Terroranschlägen fähig sind, könne man nicht ausschließen. "Aber es wäre falsch, die Autonomen Nationalisten mit Breivik in einen Topf zu werfen", sagte Wagner dem Abendblatt. Es gebe ideologische Schnittmengen beim Hass auf den Islam und auf linke Ideologie. Doch der völkisch-rassistische Gedanke sei bei deutschen Rechtsextremen viel stärker ausgeprägt. "Breiviks Bezüge zu christlichem Tempelrittertum fehlen deutschen Neonazis außerdem völlig." Wagner ist überzeugt: "In Deutschland hätte sich Breivik wohl von den autonomen Nationalisten ferngehalten."