Gefährliche Inhalte schneller melden: Polizeiverbände und Politiker fordern nach den Anschlägen mehr Sicherheit für das Netz.

Berlin. Nach den Anschlägen in Norwegen denken deutsche Politiker und Polizisten über schärfere Sicherheitsmaßnahmen im Internet nach. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) schlug am Mittwoch einen Alarmknopf für das Internet vor, um Nutzer extremistischer Inhalte unmittelbar melden zu können. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) äußerte sich derweil besorgt über die steigende Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten.

Friedrich sagte der „Rheinischen Post“: „Sorgen machen mir insbesondere die sogenannten nationalen Autonomen, die sich zunehmend nach dem Beispiel der Linksautonomen formieren.“ Zur Gruppe dieser „autonomen Nationalisten“ gehören laut aktuellem Bericht des Bundesverfassungsschutzes etwa 1.000 Personen. Dies sind demnach zumeist jugendliche Neonazis aus den Reihen rechtsextremer Kameradschaften.

In Norwegen waren bei dem Doppelanschlag am vergangenen Freitag mindestens 76 Menschen getötet worden. Der mutmaßliche Attentäter, der 32-jährige Anders Behring Breivik, hat inzwischen gestanden. Nach eigenen Angaben wollte er eine nationalistische Revolution, einen Kreuzzug gegen muslimische Einwanderer in Europa, einleiten. Kurz vor der Tat veröffentlichte er im Internet ein 1.518-seitiges rassistisches Manifest.

Der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen forderte nun in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Wer im Internet rechtsradikale Inhalte, islamistisches Gedankengut oder Hinweise auf einen Amoklauf entdeckt, muss die Seite einfrieren und an eine Alarmzentrale weiterleiten können.“ Eingehen solle der Netzalarm „bei einer nationalen Zentrale, die rund um die Uhr mit speziell geschulten Polizisten, Soziologen oder Psychologen besetzt ist“.

Jansen verwies darauf, dass der Oslo-Attentäter seine hasserfüllte Ideologie bei Facebook und anderswo seit Jahren verbreitet habe. „Da hat sich etwas zusammengebraut, das viele Menschen im Internet mitbekommen haben.“

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Das Internet ist kein straffreier Raum.“ Es sei völlig klar, dass die Regeln der Verfassung auch online gelten. „Es gibt bestimmte Probleme mit Servern, die im Ausland sind, es gibt Probleme, dort wo nationale Grenzen überschritten werden, in diesen Fällen müssen wir sicherlich mehr tun“, sagte er.

Bundespolizeipräsident Matthias Seeger räumte allerdings ein, dass Taten wie in Norwegen nur bedingt verhindert werden können. Die Polizei könne sich aber auf solche Szenarien vorbereiten. Seeger erläuterte in der „Bild“-Zeitung: „Früher haben Polizisten bei einer Amok-Lage gewartet, bis Spezialkräfte vor Ort waren, um einzugreifen.“ Heute sei das anders. „Wenn Menschenleben in Gefahr sind, muss der erste Polizist vor Ort sofort einschreiten und versuchen den Täter zu stoppen.“ Der „finale Rettungsschuss“ sei dabei nur „die ’Ultima Ratio’“.

Die Bundesministerien für Inneres und Justiz wandten sich derweil gegen eine neue Sicherheitsdebatte zu diesem Zeitpunkt. Ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nannte es unangemessen, reflexartig gesetzgeberische Maßnahmen zu fordern, obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Deutschland solle sich da ein Beispiel an den Norwegern nehmen. Das Land will auf die Anschläge mit noch mehr Demokratie und Offenheit reagieren. (dapd)