Das Grab des Kriegsverbrechers ist aufgelöst. Die Familie von Rudolf Heß will seine sterblichen Überreste auf offener See bestatten.

Wunsiedel. Das Grabstätte des ehemaligen Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im oberfränkischen Wunsiedel ist aufgelöst worden. Am Dienstag seien die Gebeine von Heß exhumiert und zur Verbrennung abtransportiert worden, teilte ein Sprecher des Landkreises Wunsiedel mit. Er bestätigte damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, wonach die Familie die sterblichen Überreste des 1987 verstorbenen Kriegsverbrechers auf offener See bestatten will.

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde von Wunsiedel erklärte, der Vertrag für die Grabstätte wäre in naher Zukunft ohnehin ausgelaufen. Es sei der ausdrückliche Wunsch der Familie Heß gewesen, das Grab aufzulösen.

„Klares Zeichen mit großer Strahlkraft“

Der Bürgermeister von Wunsiedel, Karl Willi Beck (CSU), begrüßte die Einebnung des Grabes. „Ich bewerte das positiv“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wenn es in Wunsiedel keine sterblichen Überreste von Heß mehr gebe, dann gebe es für Rechtsextremisten auch keinen Grund mehr, dorthin zu pilgern. Zugleich wertete Beck den jahrelangen Kampf in Wunsiedel gegen die Rechtsextremisten an der Grabstätte als Reifeprozess für die Stadt. „Hinschauen statt wegschauen – das wird für uns immer gelten.“ Insofern hätten die Auseinandersetzungen um Heß auch ihr Gutes gehabt, sagte Beck.

Die Israelitische Kultusgemeinde zeigte sich hoch erfreut über die Auflösung der Grabstätte. „Ich freue mich, dass der braune Spuk in Wunsiedel endlich ein Ende hat“, kommentierte die Präsidentin der Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, die Exhumierung von Heß’ sterblichen Überresten. Wunsiedel habe damit ein „klares Zeichen mit großer Strahlkraft gesetzt“.

Heß war 1946 im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zu lebenslanger Haft verurteilt worden und hatte 1987 im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau Selbstmord begangen. Der Vorstand der evangelischen Kirchengemeinde Wunsiedel stimmte damals Heß’ Wunsch zu, im Familiengrab seiner Eltern in Wunsiedel beigesetzt zu werden. In der Folge demonstrierten immer wieder Neonazis in dem Ort. (dapd/ abendblatt.de)