Osnabrück. Ehemalige Heimkinder drängen darauf, auch ungeklärte Todesfälle in Kinderheimen und die hohe Sterblichkeit in Säuglingsheimen der 50er-, 60er- und 70er-Jahre zu untersuchen. "Wir fordern die Ausschüsse auf, mittels einer Anhörung die Versäumnisse des runden Tisches Heimerziehung aufzuarbeiten", zitiert die "Neue Osnabrücker Zeitung" aus einem ihr vorliegenden offenen Brief an die Abgeordneten des Bundestages.

Jürgen Beverförden, Sprecher ehemaliger Heimkinder in Niedersachsen, kritisiert darin "das Verschweigen von vielen unaufgeklärten Todesfällen in den Heimen". "Was oder wer hat viele Heimkinder in den Selbstmord getrieben?", fragt Beverförden in dem Brief.

Der Sozialwissenschaftler Carlo Burschel schätzt die Zahl derjenigen, die bis Mitte der 70er-Jahre in Säuglingsheimen der Bundesrepublik untergebracht waren, auf etwa 250 000 bis 300 000. Burschel ist nach Angaben der Zeitung selbst ein Betroffener, der seit Jahren zum Thema Säuglingsheime forscht. Die Bedingungen in diesen Einrichtungen waren Burschel zufolge überwiegend schlecht, manchmal sogar tödlich: "Verschiedene Quellen legen die Annahme nahe, dass es Hunderte von vermeidbaren Todesfällen gegeben hat, vor allem durch Pflegedefizite und Ausstattungsmängel." Aus dem Jahr 1962 gebe es den veröffentlichten Hinweis, dass die Sterblichkeit in Säuglingsheimen damals doppelt so hoch war wie bei Familienkindern.