Berlin. Als erste große Industrienation steigt Deutschland bis 2022 endgültig aus der Atomenergie aus. Der Bundestag stimmte gestern mit einer parteiübergreifenden Mehrheit von 513 Ja-Stimmen bei 79 Nein-Stimmen und 8 Enthaltungen für diesen historischen Wendepunkt in der Energiepolitik.

SPD und Grüne unterstützten den Kurs, auf den sich die Koalition aus Union und FDP nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima verständigt hatte. Acht Atomkraftwerke werden sofort stillgelegt, die restlichen neun Meiler schrittweise abgeschaltet. Ein 30 Jahre währendes Kampfthema wird damit im breiten Konsens befriedet. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach von einem "nationalen Gemeinschaftswerk": "Die Deutschen machen sich ans Werk, und es wird gut für unser Land sein, weil wir alle zusammenstehen."

SPD und Grüne kritisierten allerdings scharf, dass die Regierung den Ausstieg als eigenen Erfolg verkaufe, obwohl sie sich weitgehend am früheren rot-grünen Ausstiegsbeschluss orientiere. "Dieser Ausstieg ist unser Ausstieg", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Koalition hätten vor Kurzem noch die Laufzeiten verlängert. Sie stiegen nur aus purem Machterhalt aus der Atomkraft aus, SPD und Grüne dagegen aus "schierer Überzeugung".

Das Gesetzespaket sieht vor, dass jetzt die Stromnetze schneller ausgebaut, Gebäude besser gedämmt und der Ökostromanteil bis 2020 von heute 19 auf 35 Prozent erhöht werden.