Berlin. Altbundeskanzler Helmut Kohl, 81, hat gestern in Berlin Veröffentlichungen scharf kritisiert, die sich seit Monaten "ausführlich" mit seinen privaten Angelegenheiten befassen würden. Diese "öffentliche Zurschaustellung und Vermarktung" seines Privatlebens empfinde er als unangemessen, "zumal die Veröffentlichungen die Grenzen von Geschmack und Anstand weit überschreiten und in wesentlichen Punkten mit der Wahrheit nicht in Einklang stehen".

Er werde sich zu privaten Angelegenheiten öffentlich nicht äußern, ließ Kohl gestern über sein Büro mitteilen. "Ich bitte um Respekt für meine Privatsphäre und überlasse es der Öffentlichkeit, selbst zu beurteilen, welche Interessen den Publikationen in Wahrheit zugrunde liegen." Kohl hat nach Angaben seines Berliner Büros unterdessen seine Teilnahme an einem Gedenkkonzert der ZNS-Stiftung zu Ehren seiner vor zehn Jahren verstorbenen Frau Hannelore kommende Woche in Speyer abgesagt. Kohl begründete dies mit seinem Austritt aus der Stiftung vor zwei Jahren. An seiner Stelle stünden nun die Söhne Walter und Peter, sie seien in den Gremien der Stiftung vertreten.

Peter Kohl hatte in einem Interview mit der Zeitschrift "Super-Illu" gesagt, dass er sich über ein Kommen seines Vaters freuen würde, dessen Teilnahme aber auch eine gesundheitliche Frage sei. Peter und Walter Kohl wollen an der Veranstaltung teilnehmen. Das Verhältnis zwischen dem Altkanzler und seinem Sohn Walter gilt derzeit als angespannt, nachdem sich Walter Kohl in seinem Buch "Leben oder gelebt werden" kritisch mit dem Familienleben der Kohls auseinandergesetzt hatte.

Am 5. Juli jährt sich zum zehnten Mal der Todestag von Helmut Kohls Frau Hannelore. In Abschiedsbriefen hatte sie ihren Suizid mit einer seltenen, schmerzhaften Lichtallergie begründet.

Der Journalist Heribert Schwan, langjähriger Vertrauter Hannelore Kohls, hat jüngst ein Buch über sie veröffentlicht: "Die Frau an seiner Seite - Leben und Leiden der Hannelore Kohl". Es schildert sie als eine extrem einsame Frau, die unter vielen Zwängen leidend über Jahre an diesen zugrunde ging. Das Buch hat eine breite Berichterstattung ausgelöst, in der Kohls Rolle als Vater und Ehemann sehr kritisch beleuchtet wurde und das Bild der glücklichen Familie revidierte.