Ramsauer-Bericht für Verkehrsausschuss belegt Mängel im Vulkan-Krisenmanagement. Prognosen müssen verbessert werden.

Berlin. Einen Monat nachdem die Aschewolke des isländischen Vulkans Grímsvötn zu Hunderten Flugausfällen in Deutschland geführt hat, erhöht das Bundesverkehrsministerium den Druck auf die EU-Kommission, ihr Krisenmanagement zu verbessern. Einem Ministeriumsbericht zufolge, der morgen dem Verkehrsausschuss des Bundestags vorgestellt wird und der dem Abendblatt vorab vorliegt, heißt es: Für die Zukunft werde von der EU-Kommission bei Aschewolken eine europaweit harmonisierte Vorgehensweise erwartet.

Konkret fordert das Ministerium von der Kommission, die Qualität der Ausbreitungsprognosen bei Aschewolken zu erhöhen, um Abweichungen gegenüber der Realität weiter zu minimieren. Die deutliche Kritik in dem Bericht bezieht sich auf die bisherigen Vorhersagen des Volcanic Ash Advisory-Centers (VAAC) in London, die im April 2010 nach dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull zu tagelangen Luftraumsperrungen und Ende Mai dieses Jahres zu erneuten Sperrungen im deutschen Lauftraum geführt hatten. Das Verkehrsministerium fordert in dem Bericht, dass neben den Daten des VAAC europaweit auf weitere Daten zugegriffen werden soll, um Ausbreitung und Konzentration von Aschewolken besser bestimmen zu können.

Von den Luftraumschließungen am 25. Mai waren die Flughäfen in Hamburg, Bremen und Berlin betroffen. Rund 450 Flüge waren laut Ministerium auf deutschem Boden ausgefallen. Die Streichung von Flügen gilt beim Auftreten von Aschewolken als Sicherheitsmaßnahme: Ein Flug durch Vulkanasche kann zu einem Versagen der Triebwerke führen, die scharfkantigen Partikel können Fenster und Außenhaut der Maschinen zerkratzen.

Aus dem Papier des Ministeriums geht nun allerdings hervor, dass bei zwei deutschen Messflügen am 25. Mai die Aschekonzentration zwischen 0,08 und 0,7 Milligramm und damit deutlich unter dem Grenzwert von zwei Milligramm lag. Auf Nachfrage bestätigte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) dem Abendblatt die Zahlen und kritisierte die Informationen der Londoner Forscher: "Es gibt deutliche Abweichungen zwischen Vorhersage und Realität", sagte der CSU-Politiker. Er habe deshalb mit seinen europäischen Amtskollegen auf dem EU-Rat Mitte Juni vereinbart, dass die Qualität der Ausbreitungsprognosen des Volcanic Ash Advisory-Centers in London weiter verbessert werden müsse, betonte der Minister.

In London werden die Bewegungen von Vulkanasche für die internationale Luftfahrt überwacht. Besteht Gefahr für Flugzeuge durch Vulkanasche in der Luft, gibt das Zentrum Warnungen heraus, die die Grundlage für Luftraumschließungen bilden.

Der Bericht für den Verkehrsausschuss zieht jedoch auch eine positive Bilanz - zumindest was das deutsche Krisenmanagement nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans Grímsvötn betrifft. Durch die Fortschritte seit dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull 2010 sei es inzwischen möglich, zusätzliche Messungen sowie eine alternative Ausbreitungsmodellierung als sogenannte Zweitinformationen in den Entscheidungsprozess zur Luftraumsteuerung mit einzubeziehen. In Deutschland ist hierfür der Deutsche Wetterdienst (DWD) verantwortlich. Nicht zuletzt aufgrund der erweiterten Daten des DWD habe Ende Mai der Luftraum schneller wieder freigegeben werden können. Ramsauer bestätigte gegenüber dem Abendblatt, dass damit weitere Flugstreichungen vermieden werden konnten. "Mit den Messungen des Deutschen Wetterdienstes konnten wir die Aschekonzentration über Nord- und Ostdeutschland präzise bestimmen. Dadurch war eine schnellere Öffnung des deutschen Luftraums möglich", so der Minister.

Die in diesem Fall erfolgten Messmethoden hatten dem Ministerium im April 2010 noch nicht zur Verfügung gestanden. Damals hatte die Aschewolke des Eyjafjallajökull zu Chaos in weiten Teilen des europäischen Luftraums geführt. Nach Angaben des internationalen Luftfahrtverbandes IATA mussten die Fluggesellschaften einen Verlust von 1,26 Milliarden Euro hinnehmen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehörte zu den Leidtragenden. Auf der Heimreise aus den USA musste Merkel in Lissabon zwischenlanden, nach Rom weiterfliegen und von dort mit Auto und Bus nach Berlin gebracht werden.