Grüne kritisieren “Hickhack“ um Initiative des Bundesinnenministeriums

Hamburg. Anwohnern und Besuchern von Nord- und Ostsee ist der Anblick von Schiffen mit der Aufschrift "Küstenwache" vertraut. Doch nur wenigen dürfte bewusst sein, welches Behördengewirr sich hinter dieser Aufschrift verbirgt: Ist der Rumpf grün gestrichen, gehört das Schiff dem Zoll, also dem Finanzministerium. Ist er blau, arbeiten Bundespolizisten an Bord, deren Dienstherr der Bundesinnenminister ist. Und hat man die Schiffswände schwarz lackiert, fährt das Schiff für den Fischereischutz - der dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz untersteht. Die deutsche Bürokratie, so scheint es, endet noch lange nicht vor dem Deich.

Ende 2009 verständigten sich CDU, CSU und FDP darauf, das Kompetenzgewirr auf hoher See zu lichten: "Mit der späteren Zielsetzung des Aufbaus einer Nationalen Küstenwache wollen wir zunächst die Kompetenzen der gegenwärtig am Küstenschutz beteiligten Bundesbehörden zusammenführen", heißt es im Koalitionsvertrag.

Doch mit diesem Ziel hinkt die Regierung offenbar hinterher. Darauf deuten die Ergebnisse einer parlamentarischen Anfrage der Grünen hin; die Antworten auf die Anfrage liegen dem Hamburger Abendblatt vor. Dabei hatte das Bundesinnenministerium bereits Ende März vergangenen Jahres ein Eckpunktepapier an die beteiligten Finanz-, Verkehrs-, und Landwirtschaftsministerien geschickt.

Die Kernpunkte des Papiers: Eine Eingliederung des Wasserzolldienstes und die Zusammenführung der Leitstellen von Bundespolizei, Zoll und Fischereiaufsicht. Innenstaatssekretär Ole Schröder hatte im Vorfeld für die Initiative geworben: "Gerade vor dem Hintergrund der terroristischen Gefahren auf See ist das ein wichtiger Schritt." Man wolle mit dieser "bundeseinheitlichen Aufgabenwahrnehmung" eine bessere Sicherheit auf See erzielen und mit den gleichen Einsatzmitteln noch effektiver vorgehen. Zudem hätte eine gemeinsame Bereederung der Schiffe auch Kostenvorteile.

Dennoch richteten laut der Stellungnahme die Ministerien erst im November 2010 die Arbeitsgruppe "Küstenwache des Bundes" ein. Welche Ergebnisse dieses Gremium bislang erzielt hat, bleibt offen. Stattdessen heißt es: "Die Arbeitsgruppe wird voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2012 einen Ergebnisbericht vorlegen." Der werde ausgewertet und den zuständigen Bundestagsausschüssen vorgelegt.

Valerie Wilms, Sprecherin für maritime Politik der Grünen-Fraktion, kritisierte dieses Vorgehen: "Der Koalitionsvertrag wird so lange kleingemahlen, bis von dem Papier nichts mehr übrig ist. Auch bei der Küstenwache geht das Hickhack zwischen den Ministerien so lange hin und her, bis das Reformprojekt aufgegeben wird." Es sei absehbar, dass in dieser Legislaturperiode nichts mehr geschehe. "Ich frage mich, ob man wirklich auf ein Unglück warten muss, um endlich den Sinn einer starken und einheitlichen nationalen Küstenwache zu erkennen", sagte Wilms.