Die Führung der Grünen hat auf dem Sonderparteitag mit ihrer Forderung nach einer Zustimmung zu den Regierungsplänen die erste Hürde genommen.

Berlin. Die Grünen-Spitze will, dass die Partei im Bundestag dem Atomausstieg bis 2022 nach den Plänen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zustimmt. Die Mehrheit der Delegierten ließ am Sonnabendnachmittag in Berlin den Vorstandsantrag passieren. Damit setzte er sich gegen am Ende gegen zwei weitere Anträge als Leitantrag durch. Danach sollte über Änderungen abgestimmt werden. Die Schlussabstimmung stand am frühen Abend noch aus.

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Der frühere CDU-Umweltminister Klaus Töpfer hat sich auf dem Sonderparteitag der Grünen für einen Atomausstieg ausgesprochen, der von allen Parteien getragen wird. „Wir brauchen ein Gemeinschaftswerk“, sagte Töpfer am Sonnabend in Berlin. Er bedankte sich bei den Grünen für die Einladung zur Bundesdelegiertenkonferenz und betonte, er habe „Respekt“ vor der Entscheidung für einen Sonderparteitag. „Meine Karriere hat heute einen neuen Höhepunkt: Ich bin zum ersten Mal auf einem Parteitag der Grünen.“ Indirekt kritisierte Töpfer, dass die anderen Parteien keinen Sonderparteitag zum Thema Atomausstieg einberufen hätten. Die Grünen diskutieren auf ihrem Sonderparteitag kontrovers über ihre Haltung zum Atomausstieg der Bundesregierung bis 2022.

Sowohl Gegner als auch Befürworter einer Zustimmung erhielten am Sonnabend in Berlin lauten Applaus der Delegierten. Grünen-Chefin Claudia Roth rief die Basis eindringlich zu einem Ja auf: „Da müssen doch wir Grünen zupacken.“Die Rücknahme der „unsäglichen Laufzeitverlängerung“, nach der die deutschen Atomkraftwerke bis weit über 2040 gelaufen wären, sei zentrales grünes Ziel gewesen, sagte Roth. Für die sieben ältesten Meiler plus Krümmel gelte der Sofortausstieg. Für die anderen gebe es feste Daten. Roth versicherte: „Wir werden alles tun, dass der Atomausstieg beschleunigt wird.“

Der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, hat den Beitrag der Partei zu den schwarz-gelben Ausstiegsplänen unterstrichen und für eine Zustimmung der Delegierten geworben. Viele grüne Punkte seien in den Gesetzesentwurf eingeflossen, sagte er. Als Beispiel nannte er die Rücknahme der Laufzeitverlängerung, die sofortige Abschaltung von acht alten Meilern sowie fixe Abschaltdaten. „Wäre es glaubwürdig, wenn wir gegen unsere eigenen Anträge stimmen? Lasst uns aus dem kommenden Donnerstag einen grünen Donnerstag machen“, sagte Trittin mit Blick auf die Bundestagsabstimmung in der nächsten Woche.

Der Mitvorsitzende der Atom-Ethikkommission unterstrich, der Atomausstieg müsse eng mit dem Ziel verbunden sein, weniger CO2-intensive Energien wie Kohlekraft einzusetzen. „Beides muss zusammen gesehen und realisiert werden.“

Die Sprecherin der Grünen Jugend, Gesine Agena, widersprach Claudia Roth unter dem Jubel ihrer Anhänger. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe keinen Konsens zum Atomausstieg gesucht. „Wenn Merkel nicht einmal die Zeit oder den Mut oder was auch immer hat, mit uns zu verhandeln, dann verdient sie unsere Zustimmung auch nicht.“ Erst ab 2013 unter einer grünen Regierungsbeteiligung könne es eine wirkliche Energiewende geben. Die Grünen wollten dann bis 2017 alle AKW ausschalten. Zentrale Punkte der Grünen wie ein Ende der Erkundung des Salzstocks in Gorleben, eine Erhöhung der AKW-Sicherheit oder ein schnellstmögliches Ende der Kernkraft seinen in der Gesetzesnovelle nicht vorgesehen.

Zudem könne niemand eine erneute Kehrtwende der Union ausschließen. 2021/22 könne der „schwarz-gelbe Unsinn“ wieder von vorne beginnen. Für ihre Rede erhielt Agena langanhaltenden, stürmischen Beifall.

Roth warnte: „Was passiert eigentlich, wenn wir heute mehrheitlich mit Nein stimmen würden?“ Viele Menschen würden enttäuscht, die von den Grünen erwarteten, dass sie auch aus der Opposition heraus Politik aktiv gestalten. Der Abgeordnete Toni Hofreiter sagte: „Es geht nicht um den Atomausstieg von Merkel – es geht um den Atomausstieg von uns.“ Er wolle im Bundestag bei den Abstimmungen am Donnerstag Ja sagen können.

Der Bundestag stimmt am Donnerstag über die Gesetze zum Atomausstieg und zur Energiewende ab. Die Koalitionspläne für einen Ausbau der erneuerbaren Energien lehnen die Grünen geschlossen als unzureichend ab. Zur Frage, ob sie den Atomausstiegsplänen der Regierung zustimmen, zeichnete sich im Vorfeld des Sonderparteitags kein einheitliches Bild ab. (dapd/dpa)