Hamburg. In Japan gibt es keine Wutbürger. Nach der Reaktorkatastrophe im Atomkraftwerk in Fukushima demonstrierten keine Massen auf den Straßen von Tokio. Der Protest blieb lokal. Und doch gab es nach dem Unglück einen Wandel in der Einstellung zur Atomkraft. 58 Prozent der Menschen in Japan lehnen die Kernenergie ab - die Hälfte von ihnen hat diese Haltung erst seit Fukushima. Und doch: Noch immer sind 36 Prozent der Befragten eher für Atomkraft. Das zeigt eine weltweite Studie des Marktforschungsunternehmens Ipsos für Reuters News.

In Deutschland lehnen knapp 80 Prozent der Menschen die Atomkraft ab. Die Hälfte der Kernkraft-Gegner ist sogar "sehr dagegen", nur fünf Prozent der Deutschen sind "sehr überzeugt" von der Energiegewinnung durch Atomkraft.

In 24 Ländern befragte Ipsos die Menschen zur Atomkraft. Fast zwei Drittel der Befragten (62 Prozent) lehnen die Atomkraft ab. Wie auch in Japan hat das Unglück in Fukushima die Einstellung der Menschen zur Atomkraft in vielen Teilen der Welt verändert. Ein Viertel der Atomkraftgegner weltweit gab an, die Katastrophe in Japan habe bei ihnen diese Einstellung ausgelöst. Die meisten Gegner der Atomkraft leben in Italien - 81 Prozent der Befragten, 61 Prozent davon lehnen sie stark ab. Und auch in Mexiko sind 81 Prozent der Befragten gegen die Atomkraft (davon 52 Prozent stark).

Vor allem in Indien, Polen und den USA ist die Zahl der Unterstützer von Atomkraft verhältnismäßig hoch. Dort hält die Mehrheit der Menschen die Kernkraft für die richtige Energiegewinnung. Auch in Schweden und Großbritannien ist die Unterstützung groß. In Polen würde sogar mehr als die Hälfte der Befragten den Bau von neuen AKW befürworten. In Deutschland sprachen sich 85 Prozent dagegen aus.

Bei einer Fukushima-Sonderkonferenz mit 151 Ländern in Wien hat Deutschland nun weltweit verpflichtende Kontrollen von Atomkraftwerken und bindende Sicherheitsstandards gefordert. Internationale Sicherheitsanforderungen müssten nach der Atomkatastrophe in Japan überprüft werden und bräuchten einen stärker bindenden Charakter, sagte Umweltstaatssekretärin Ursula Heinen-Esser gestern vor der Konferenz.