Die Deutsche Burschenschaft streitet über den rassistischen Antrag einer Bonner Verbindung. Der Vorstand zieht die Notbremse

Hamburg/Eisenach. Am Abend ziehen sie mit Fackeln, Fahnen und Trommeln zum Burschenschaftsdenkmal auf der Göpelskuppe gegenüber der Wartburg. Zum Abschluss singen sie das Deutschlandlied, nicht nur die dritte Strophe, die deutsche Nationalhymne, sondern alle drei. Einer der letzten Programmpunkte des Dachverbands Deutsche Burschenschaft (DB) geht zu Ende - und es schallt "Deutschland, Deutschland über alles" auf der Eisenacher Göpelskuppe.

123 Mitgliedsbünde, etwa 1000 Burschen, trafen sich zum jährlichen Burschentag auf der Wartburg im thüringischen Eisenach, dem Weltkulturerbe. Es gab neben dem Totengedenken mit Fackeln auch ein Fechtseminar und ein Fußballspiel gegen eine Eisenacher Auswahl. Harmlose Programmpunkte einer Veranstaltung, die vor allem aufgrund rassistischer Parolen am rechten Rand der DB im Blick der Öffentlichkeit steht. Auslöser war der Antrag der Bonner Verbindung der Raczeks. Sie forderten darin den Ausschluss der Mannheimer Burschenschaft Hansea aus der DB. Denn dort heißt ein Mitglied Kai Ming Au, ist 26 Jahre alt und Deutscher. Er hat seinen Wehrdienst absolviert und studiert Finanzdienstleistung. Seine Eltern kommen aus China - und das ging den Raczeks zu weit. Sie warnen in ihrem Antrag vor "fortschreitender Überfremdung". Vom "deutschen Stamme", einer "nicht europäischen Körpermorphologie" und der "Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes" ist dort die Rede im Fall von Kai Ming Au. Kurz vor Beginn des Burschentags zieht der Vorstand der DB die Notbremse - und nimmt den Antrag von der Tagesordnung. Laut DB hatten die Raczeks nach "langer und emotionaler Diskussion" ihren Antrag zurückgezogen. Auch ein zweiter Antrag der Raczeks, der die deutsche Abstammung als zwingende Bedingung für die Aufnahme einführen sollte, wurde zurückgenommen. DB- Sprecher Stefan Dobner teilte gestern mit, es sei falsch gewesen, diesen Antrag um Aufnahmekriterien als Meinung der Deutschen Burschenschaft darzustellen. "Entscheidend sind Beschlüsse, nicht Anträge." Der Streit sei beigelegt.

Thüringens Landtags-Vizepräsidentin Astrid Rothe-Beinlich von den Grünen erklärte, die DB sei "eine Gruppe rechtsextremer Studierender unter dem Deckmantel der Tradition". Der Hamburger Verfassungsschutz erwähnt in seinem Bericht 2010, dass in einem Drittel der Bünde der DB "rechtsextremistische Positionen" vertreten würde. Eindeutiger Rechtsextremismus sei nur bei wenigen Burschenschaften nachweisbar. Der Konflikt zwischen den rechten und den gemäßigten Burschen ist nicht neu. Schon 1996 spalteten sich acht liberale Burschenschaften von dem Verband ab. Sie gründeten die Neue Deutsche Burschenschaft - ein Männerbund ohne Pflichtmensur und völkischen Vaterlandsbegriff.

In der Verfassung der Deutschen Burschenschaft ist das "deutsche Volk" als Gemeinschaft definiert, die durch gleiches Schicksal, gleiche Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche Sprache verbunden ist. Präzisiert wird die Verfassung durch den Rechtsausschuss. Der hatte die Abstammung als maßgeblich für eine Aufnahme bezeichnet. Wer keine europäischen Vorfahren hat, kann laut einem "Spiegel Online" vorliegenden Gutachten nicht aufgenommen werden. Diese Definition sei jetzt korrigiert worden, betont die DB. Es gelte nun das Bekenntnis zur deutschen Kultur, die Staatsangehörigkeit und die Abstammung. Man müsse aber nicht jeden Punkt erfüllen, so ein Sprecher.