Hamburg. Ein Widerspruch teilt die Begeisterungswelle für direktdemokratische Mitbestimmung - das zeigt eine neue repräsentative Umfrage der Bertelsmann-Stiftung: Zwar wollen 78 Prozent der Deutschen direkt über Volksentscheide oder Bürgerbegehren politisch mitbestimmen, doch je konkreter die Mitbestimmungssituation wird, desto mehr Bürger scheuen das Engagement: Über Großprojekte wie Bahnhöfe würden noch 68 Prozent der Bürger mitentscheiden wollen, aber über den regelmäßigen kommunalen Bürgerhaushalt mit 47 Prozent nur noch weniger als die Hälfte mitberaten.

Je mehr Arbeit über das Kreuzchenmachen hinaus gefragt ist, desto mehr ebbt auch die Begeisterung zum Mitmachen ab: Nur 34 Prozent würden sich in einer Bürgerinitiative engagieren, und nur 27 Prozent würden als sachkundige Bürger im Rat mitarbeiten. Auch die traditionellen Mitbestimmungsverfahren scheinen unbeliebt. Nur 30 Prozent der Deutschen können sich die Mitarbeit in einer Partei vorstellen - selbst gelegentliche Mitarbeit ohne feste Parteizugehörigkeit können sich nur 34 Prozent vorstellen. Den von 78 Prozent gewünschten Volksentscheid könnten aber auf Bundesebene nur die Parteien mit einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit im Bundestag beschließen. Dieses Vorhaben scheitert noch an der Union, die vier anderen Parteien wollen Volksentscheide auf Bundesebene.