Staatsdiener sehen Vertrauen in Regierung beschädigt. Transparency fordert mehr Mut von Politik

Berlin. Im Jahr 2010 hat eine neue Figur Einzug in die Politik gehalten: der sogenannte Wutbürger. Man sah ihn vor allem in Stuttgart gegen einen Bahnhof protestieren. Sein Merkmal: Misstrauen gegen Entscheidungen der Regierungen. Politik klüngele mit der Wirtschaft, und Wahlen seien nur noch ein Medienevent - das sind die Klischees, die mit dem Bild des Wutbürgers transportiert wurden.

Dankt der Staat nun ab? Mit diesen Fragen befassten sich am Dienstag Akteure aus Politik, Verbänden und Gesellschaft auf einer Tagung des Deutschen Beamtenbundes (dbb) und der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International. Die Vorsitzende der Organisation in Deutschland, Edda Müller, forderte von der Politik mehr Selbstbewusstsein gegenüber den Ansprüchen mächtiger Interessengruppen. Damit die Unabhängigkeit der Politik gewahrt bleibe, verlangt Transparency eine Offenlegung von Nebeneinkünften der Abgeordneten sowie eine Karenzzeit für Spitzenpolitiker, bevor sie in der freien Wirtschaft arbeiten.

"Der Wutbürger wird sich nur besänftigen lassen, wenn Vertrauen und Transparenz in der Politik wiederhergestellt werden", sagte Frank Stöhr, der Vize-Präsident des dbb. Er kritisierte den Einfluss bestimmter Lobbyisten auf Gesetzgebung und Verwaltung. Teilweise würden vollständige Gesetzentwürfe von Anwaltskanzleien gefertigt oder Experten aus der Wirtschaft mit bestimmten Interessen platziert, so Stöhr vom Beamtenbund.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zeigte Verständnis für den Wunsch der Bürger, dass "das Pendel zwischen Politik und Wirtschaft wieder stärker in Richtung Staat ausschwinge". Der Staat besitze Vorrang bei politischen Entscheidungen. Daraus folge aber nicht, dass der Staat stets Zugriff haben solle, wenn es darum gehe, die Gesellschaft zu gestalten, so die Ministerin.