Am Sonntag entfällt für Bürger aus acht EU-Ländern die Arbeitserlaubnispflicht

Hamburg. An diesem Sonntag, dem 1. Mai, wird eine neue Ära in der Arbeitswelt der Europäischen Union eingeleitet: Die Arbeitserlaubnispflicht für Staatsangehörige der acht EU-Länder Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien entfällt. Lediglich für Staatsangehörige Bulgariens und Rumäniens bleibt die Arbeitserlaubnispflicht aufgrund des späteren EU-Beitritts dieser Länder vorerst erhalten. Damit wird ein großer Schritt in Richtung volle Freizügigkeit innerhalb der EU gemacht.

Die Arbeitnehmer der acht Beitrittsstaaten (EU-8) benötigen nun in Deutschland keine Arbeitsgenehmigung mehr. Auch Bewerber für Ausbildungsplätze können sich nun uneingeschränkt hier umsehen. Hoch qualifizierte Arbeitskräfte haben schon seit 2009 freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.

Arbeitsmarktexperten erwarten, dass eher jüngere und gut qualifizierte Arbeitssuchende nach Deutschland kommen. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) sieht "die Chance, zumindest einen Teil der insbesondere durch den demografischen Wandel entstehenden Fachkräftelücke zu schließen". Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) teilte am Freitag mit, "bei den 25- bis 35-Jährigen, die sich durch besonders hohe Mobilität auszeichnen, ist der Anteil der Ungelernten deutlich geringer als in Deutschland". Kurzfristig könnten zwar in einigen Bereichen die Löhne wegen der Konkurrenz sinken.

Auch die Gewerkschaften und Teile der SPD warnen vor dem Hintergrund der Freizügigkeit vor Lohndumping durch Billigarbeitskräfte. Nach einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung befürchten 73 Prozent, dass die neue Freizügigkeit sie den Job kosten könnte. "Die Bundesregierung hat es versäumt, die Menschen hier auf die neuen Arbeitnehmer vorzubereiten", kritisierte Volker Roßocha vom Deutsche Gewerkschaftsbund.

Völlig unklar ist, wie viele Arbeitskräfte kommen. Das IAB erwartet zunächst zwischen 100 000 und 140 000 Zuzüge im Jahr. Anschließend werde die Zahl nach und nach abnehmen, sodass bis 2020 von bis zu 900 000 zusätzliche Migranten aus den acht Beitrittsländern in Deutschland im Jahr auszugehen sei. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) indes schätzt, dass in diesem und im nächsten Jahr insgesamt netto 800 000 Zuwanderer nach Deutschland komen. Bis 2020 erwartet das IW etwa 1,2 Millionen Zuwanderer.