Grüne und Linke sehen Orientierungslosigkeit in der Koalition

Berlin. Der von der Bundesregierung geplante Warnschussarrest ist weiter umstritten. Der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) sagte, es dürfe keine Denkverbote geben. Nach Gewaltexzessen wie am Osterwochenende in Berlin solle es nicht zu "reflexhaften" Diskussionen kommen. "Ich bin ein absoluter Befürworter einer raschen Einführung des Warnschussarrests." Der Warnschussarrest soll zur Abschreckung neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe angeordnet werden können und maximal vier Wochen dauern.

Zugleich räumte Rhein ein, dass bestehende Strafrahmen besser ausgeschöpft werden müssten. Die Zahl der Gewalttaten von Jugendlichen nehme zwar ab. Allerdings würden die Taten immer brutaler. Für die Haftverschonung für den jugendlichen Schläger aus der Berliner U-Bahn zeigte Rhein wenig Verständnis. Diese Entscheidung liege aber bei einem Richter.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, kritisierte dagegen die Pläne. Die Forderungen nach Strafverschärfungen seien ein unsachlicher Reflex. Politiker, die Freiheitsentziehung für ein erzieherisches Mittel hielten, zeigten damit ihre Ahnungslosigkeit. "Knast macht aus gewalttätigen Jugendlichen keine besseren Erwachsenen", sagte Jelpke.

Die Grünen sprachen von Orientierungslosigkeit in der Koalition. Das Jugendstrafrecht biete bereits die Möglichkeit eines Arrests als Warnschuss, aber diese Maßnahme habe bisher keine Erfolge aufzuweisen, sagten der rechtspolitische und der jugendpolitische Sprecher, Jerzy Montag und Kai Gehring.

Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Pfeiffer, bezeichnete die Pläne für einen Warnschussarrest als "reinen Wahlkampf". Die durchschnittliche Wartezeit bis zu einer Hauptverhandlung dauere vier bis sechs Monate. Dann gebe es noch eine Wartezeit bis zur Vollstreckung des Arrests. "Das heißt, etwa acht Monate nach der Tat kommt der sogenannte Schuss vor den Bug. Das ist kriminologisch gesehen ein Witz", sagte Pfeiffer der "Berliner Morgenpost". "Der Glaube, hiermit noch irgendetwas erreichen zu können, trügt."