Der Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin bleibt Mitglied der SPD. Alle vier Anträge auf seinen Ausschluss wurden zurückgezogen - der zweite Punktsieg, den Sarrazin in Sachen Parteiverfahren erzielt hat.

Berlin. Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin bleibt Mitglied der SPD. Dies beschloss am Donnerstagabend in Berlin die Schiedskommission seines Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf, wie aus Parteikreisen verlautete. Demnach gab es eine Einigung zwischen den Befürwortern eines Parteiausschlusses und Sarrazin, der mit provokanten Aussagen über muslimische Migranten für Kritik gesorgt hatte.

Den Angaben zufolge wurden die von mehreren Parteigliederungen gestellten Anträge auf Parteiausschluss Sarrazins zurückgezogen, nachdem sich dieser verpflichtete, sich künftig an die Grundsätze der Partei zu halten. Diese Grundsätze hatten Sarrazins interne Kritiker durch seine Äußerungen verletzt gesehen, die er unter anderem in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ getätigt hatte.

Sarrazin beklagt in dem Buch „Deutschland schafft sich ab“ die angeblich fehlende Integrationsbereitschaft von Muslimen. Für Empörung sorgten vor allem Sarrazins Bemerkungen über angeblich genetisch vorgegebene Intelligenzdefizite bei Migranten.

Sarrazin erschien mit Rechtsbeistand zur Anhörung

Thilo Sarrazin hat am Donnerstag der SPD im Parteiausschlussverfahren Rede und Antwort gestanden. Das Zerwürfnis entzündete sich an Sarrazins Thesen zur Integration. Mit einer Entscheidung wurde am Donnerstag noch nicht gerechnet.

Der ehemalige Berliner Finanzsenator Sarrazin erschien in der Zentrale des Berliner Landesverbandes mit seinem Rechtsbeistand, dem früheren Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: „Wir werden heute ein faires Verfahren haben.“ Ein erstes Parteiausschlussverfahren hatte Sarrazin 2009 überstanden.

Hintergrund ist sein im vergangenen Jahr erschienenes Buch "Deutschland schafft sich ab". Aus Sicht der SPD-Spitze verstößt Sarrazin mit seinen Thesen gegen Grundsätze der Sozialdemokratie.

Antragsteller sind neben dem Kreisverband die Landes- und die Bundespartei, die sich auf einen gemeinsamen Rechtsbeistand verständigt haben. Für die Landesebene wird der stellvertretende Parteichef Mark Rackles, für die Bundes-SPD Generalsekretärin Andrea Nahles erwartet. Sarrazin, der sich gegen den Rauswurf zur Wehr setzen will, lässt sich durch den früheren Ersten Bürgermeister Hamburgs, Klaus von Dohnanyi, vertreten. Mit einer Entscheidung am selben Tag wird nicht gerechnet. Laut Statut muss der Schiedsspruch den Beteiligten innerhalb von drei Wochen zugestellt werden. Bei dem Parteiordnungsverfahren ist ein schnelles Ende nicht in Sicht. Der Unterlegene kann Berufung vor der Landes- beziehungsweise Bundesschiedskommission einlegen, die dann jeweils sechs Monate Zeit haben. Ein erstes Parteiausschlussverfahren gegen den früheren Politiker war im März 2010 gescheitert. Die Landesschiedskommission sah damals keinen Verstoß gegen die Parteiordnung.