Mehrheit lehnt Föderalismus in der Schulpolitik ab

Berlin. Das Bildungssystem kommt im Urteil der Bürger schlecht weg: Viele Deutsche sind unzufrieden mit der Situation in Kitas, Schulen und Unis und wollen einen echten Wandel. In einer Online-Umfrage mit 500 000 Teilnehmern sprach sich die deutliche Mehrheit für eine Kita-Pflicht, längeres gemeinsames Lernen, mehr Ganztagsschulen und einheitliche Abschlussprüfungen in ganz Deutschland aus. Fast drei Viertel der Befragten würden für Verbesserungen im Bildungssystem auch höhere Steuern in Kauf nehmen.

Die Bertelsmann-Stiftung und die Beratungsfirma Roland Berger Strategy Consultants initiierten die Umfrage mit Unterstützung der "Bild"-Zeitung und des türkischen Blattes "Hürriyet".

Den größten Handlungsbedarf sehen die Befragten in der Schule. Fast 70 Prozent meinen, hier müsste am meisten investiert werden. Auf Platz zwei der Prioritätenliste folgen mit 18 Prozent Kitas und Krippen. Die große Mehrheit spricht sich für einen verbindlichen Kita-Besuch aus. Mehr als zwei Drittel wollen außerdem, dass Kinder länger gemeinsam lernen und nicht bereits nach der vierten Klasse auf weiterführende Schulen aufgeteilt werden. Die meisten halten Ganztagsunterricht für die beste Lösung. Nur etwa ein Fünftel bevorzugt das Modell der Halbtagsschule, wo der Unterricht mittags endet.

Viel Kritik gibt es am Bildungsföderalismus. Bildung ist in Deutschland Ländersache. Deshalb sind die Schulsysteme von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Für Familien mit schulpflichtigen Kindern ist der Umzug innerhalb Deutschlands deshalb mitunter schwierig. 92 Prozent der Befragten beklagen die unterschiedlichen Lehrinhalte in den einzelnen Ländern und wünschen sich bundesweit einheitliche Abschlussprüfungen.

Die deutliche Mehrheit der Befragten (73 Prozent) wäre auch bereit, für Verbesserungen im Bildungssystem höhere Steuern zu zahlen. Zum Vergleich: Für Fortschritte im Gesundheitswesen würden nur 45 Prozent größere steuerliche Belastungen in Kauf nehmen, für Fortschritte im Umweltschutz sogar nur 41 Prozent.

Das Vertrauen, dass die Politik die gewünschten Reformen angeht, ist jedoch gering. Rund 80 Prozent bescheinigen Politikern in der Bildung einen mangelnden Reformwillen.