Deutsche Truppen könnten bald schon auf libyschem Boden humanitäre Hilfsaktionen schützen

Berlin. Ein Einsatz der Bundeswehr auf libyschem Boden wird immer wahrscheinlicher. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte, sollte es zu einem humanitären Einsatz kommen und der Operationsplan vorsehen, "dass man eben auch in Libyen an Land operiert, dann ist es doch ganz klar, dass man dann den Fuß auf libyschen Boden setzen würde". Bislang sei dies aber noch spekulativ.

Die Europäische Union wird schon in Kürze mit Soldaten - möglicherweise auch mit Bodentruppen - humanitäre Hilfseinsätze in Libyen schützen. Laut Diplomaten rechnet die EU in der kommenden Woche mit einer offiziellen Anfrage des Uno-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). Es werde erwartet, dass die Vereinten Nationen Hilfe für die Zivilbevölkerung der umkämpften Stadt Misrata erbitten.

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte die grundsätzliche Bereitschaft Deutschlands, sich im Rahmen einer EU-Mission an der militärischen Absicherung humanitärer Hilfsaktionen zu beteiligen. Eine entsprechende Anfrage der Vereinten Nationen an die EU sei aber die Voraussetzung. Es sei daher noch nicht klar, ob das Mandat für einen solchen Einsatz am Mittwoch Thema im Kabinett sein werde. Im Bundestag zeichnete sich bereits eine klare Mehrheit für den Einsatz ab. Neben den Koalitionsfraktionen signalisierten auch SPD und Grüne ihre Zustimmung. Allein die Linke lehnte eine deutsche Beteiligung ab.

Die CSU signalisierte zwar ihre Unterstützung für eine humanitäre Aufgabe Deutschlands in Libyen, forderte allerdings eine frühe Festlegung auf eine Exit-Strategie für die Bundeswehr. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, sagte dem Abendblatt: "Wenn man einen Einsatz beginnt, muss man auch festlegen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um ihn zu beenden." In diesem Sinne sei eine Exit-Strategie notwendig.

Der Deutsche Bundeswehrverband reagierte mit Kritik auf die Aussagen der Regierung. Verbandschef Ulrich Kirsch forderte schnellstmöglich Klarheit über die Pläne und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Nur so könne verhindert werden, "dass die Irritation in der Truppe über den Zickzackkurs der Bundesregierung noch weiter zunimmt". Der Verband könne nur schwer nachvollziehen, wie die Pläne zur Beteiligung an einem robusten Hilfseinsatz zu der bisherigen Linie Deutschlands passten, sich an keinem Militäreinsatz in Libyen zu beteiligen.

Müller stellte klar, dass eine deutsche Beteiligung am Libyen-Einsatz nur humanitären Zwecken dienen darf, und wies die Kritik des Bundeswehrverbands zurück. "Der Einsatz wäre eine humanitäre Aktion beispielsweise zur Absicherung von Flüchtlingstransporten und kein militärischer Akt zur Durchsetzung der Flugverbotszone", betonte der CSU-Politiker. "Das weiß auch der Bundeswehrverband."

Müller nannte einen humanitäreren Einsatz der Bundeswehr in Libyen "durchaus sinnvoll". Mit dem Schutz humanitärer Hilfslieferungen für die libysche Bevölkerung komme Deutschland seiner internationalen Verantwortung in besonderer Weise nach und könne diese Verantwortung damit auch den Bündnispartnern dokumentieren.