Kubicki will der FDP Zeit geben, sich neu aufzustellen

Hamburg. Nach der Ankündigung von Guido Westerwelle, sich vom Amt des FDP-Vorsitzenden zurückzuziehen, hat Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki vor überstürzten Personalentscheidungen gewarnt. "Wir benötigen jetzt die knapp sechs Wochen bis zum Bundesparteitag, um in den Gremien in Ruhe über eine neue Führungsstruktur zu sprechen", sagte Kubicki dem Abendblatt. Er fügte hinzu, dass er mit einer Kandidatur von Gesundheitsminister Philipp Rösler für das höchste Parteiamt rechne: "Ich gehe davon aus, dass Philipp Rösler antreten wird."

Beim Hamburger FDP-Landesvorstand hieß es, man werde sich am heutigen Abend mit der neuen Situation befassen. Dagegen drängte der niedersächsische Umweltminister und FDP-Vizelandesvorsitzende Hans-Heinrich Sander den Gesundheitsminister, die Nachfolge Westerwelles anzutreten: "Jetzt kann es nicht sein, dass gezögert wird, es ist an der Zeit, dass Rösler seine Kandidatur öffentlich erklärt. Ein bisschen Mut gehört dazu, und ich hoffe, dass er es macht", sagte er dem Abendblatt. Eine mögliche Kandidatur von Generalsekretär Christian Lindner lehnte Sander klar ab. "Wenn sie die beiden betrachten, hat Rösler eindeutig die größere politische Erfahrung in Spitzenämtern. Und er strahlt neben seiner inhaltlichen Standfestigkeit auch noch eine Sympathie aus, die die FDP auch nutzen sollte", so der Minister. Auch der FDP-Landesvorsitzende von Bremen, Oliver Möllenstädt, sprach sich für eine Kandidatur des Gesundheitsministers aus. "Ich kann mir vorstellen, dass Philipp Rösler bereit wäre, das Amt des Parteivorsitzenden zu übernehmen. Bei einer Kandidatur würde er sicherlich eine breite Unterstützung bekommen", sagte Möllenstädt dem Abendblatt. Mit seinem Rückzug eröffne Westerwelle der Partei die Möglichkeit, jetzt die Neuaufstellung vorzunehmen.

Christian Ahrendt, FDP-Chef von Mecklenburg-Vorpommern und parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, wollte sich noch nicht auf einen Favoriten für die Nachfolge festlegen. "Es ist gut, dass Guido Westerwelle den Weg für einen Neuanfang frei gemacht hat. Allerdings ist es schade, wie in den vergangenen Wochen mit ihm umgegangen wurde", sagte Ahrendt dem Abendblatt. Bei der heutigen Präsidiumssitzung und bei einer weiteren Sitzung am Dienstag werde man dann entscheiden, "wie und mit wem es weitergehen wird".

Ahrens lobte zugleich die Kritik Röslers am Parteikurs. "Philipp Rösler hat am Wochenende zu Recht darauf hingewiesen, dass es vor allem darum geht, die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Damit hat er den richtigen Weg gewiesen. Nur über eine neue Personalie wären die Probleme der FDP nicht gelöst."