Landesverbände stellen sich offen gegen den Parteichef. Entscheidung am Montag?

Berlin. Die Personaldebatte um FDP-Chef Guido Westerwelle spitzt sich dramatisch zu. Mächtige Landesverbände der Liberalen - unter anderem in Baden-Württemberg und Bayern - stellen sich offen gegen den Bundesvorsitzenden.

"Keiner sollte an seinem Posten kleben", forderte die bayerische FDP-Landesvorsitzende und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Es gebe "ein erhebliches Grummeln an der Basis", sagte sie dem "Münchner Merkur". Die baden-württembergische Landesvorsitzende und Chefin der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, betonte: "In der Tat können wir nicht so weitermachen wie bisher." Es müsse alles auf den Prüfstand, "sowohl inhaltlich wie personell". Schon bei der Präsidiumssitzung am Montag - und nicht wie geplant am 11. April - soll nach Abendblatt-Informationen die Entscheidung über Westerwelles Zukunft fallen. Aus Parteikreisen verlautet, Westerwelle sei als Vorsitzender nicht mehr haltbar. Außenminister könne er bleiben.

Spekulationen über eine Kabinettsumbildung wies Regierungssprecher Steffen Seibert zurück. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sehe "gar keine Veranlassung", sich eine Kabinettsumbildung zu wünschen. Sie arbeite mit allen FDP-Ministern sehr gut zusammen. "Alles andere sind Ereignisse in Parteien, die wir abwarten."

Westerwelle hielt sich am Freitag in der chinesischen Hauptstadt Peking auf und wollte an diesem Sonnabend nach Tokio weiterreisen, um dort den japanischen Außenminister zu treffen. Einem Vertrauten ließ er mitteilen, es gebe bislang "weder eine Entscheidung noch eine Vorentscheidung" über seine Zukunft. Der Parteichef werde eine so wichtige Frage nicht auf einer Asienreise klären. "Da gehen doch einigen die Gäule durch", kommentierte der Vertraute parteiinterne Spekulationen, Westerwelle sei zum Rücktritt bereit. Am Sonntag wird er in Berlin zurückerwartet.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) versuchte unterdessen, den Eindruck einer schweren Parteikrise zu zerstreuen. "Die breite inhaltliche Debatte und die personellen Möglichkeiten in der FDP zeigen, dass wir Liberale quicklebendig sind", sagte er dem Abendblatt. "Wir müssen die Weichen neu stellen. Dass es dabei jetzt ruckelt, ist eigentlich nicht ungewöhnlich."

Die Frage, wer neuer FDP-Chef werden könnte, gilt als offen. Ein Bericht des "Kölner Stadtanzeigers", wichtige Landesverbände hätten sich auf Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler als Nachfolger geeinigt, wurde aus dem Umfeld des Ministers dementiert. "Von einer solchen Konferenz und angeblichen Absprachen ist nichts bekannt", hieß es. Ebenso wie Rösler werden FDP-Generalsekretär Christian Lindner gute Chancen auf die Westerwelle-Nachfolge eingeräumt. Doch gelten beide als zögerlich - Lindner wegen seines Alters von erst 32 Jahren. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sei eher bereit, den Vorsitz zu übernehmen, wird in der Partei vermutet. Doch stoße die Linksliberale im Wirtschaftsflügel auf erheblichen Widerstand. Dass die Wahl auf sie fällt, gilt als unwahrscheinlich.

Hintergrund der voll entbrannten Personaldebatte ist das schlechte Abschneiden bei den jüngsten Landtagswahlen. Laut ZDF-Politbarometer halten 79 Prozent der Befragten die FDP für nicht glaubwürdig. 55 Prozent glauben, dass Westerwelle als FDP-Chef zurücktreten wird.