Aus der Kernkraft-Katastrophe in Japan werden jetzt Konsequenzen gezogen: Auch Isar 1 könnte für immer abgeschaltet werden.

Berlin. Als Konsequenz aus dem Atomunfall in Japan hat die Bundesregierung ein dreimonatiges Moratorium für die Laufzeitverlängerung verkündet, das das Aus für das Akw Neckarwestheim I bedeutet. „Ganz oben steht die Sicherheit“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag. Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) will auch den Reaktor Isar 1 dauerhaft vom Netz nehmen, der ohne Laufzeitverlängerung in diesem Jahr abgeschaltet würde.

Die Entscheidung der Bundesregierung sieht vor, dass die erst im November 2010 von Schwarz-Gelb beschlossene Akw-Laufzeitverlängerung für drei Monate ausgesetzt wird. Das bedeutet laut Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), dass diejenigen Meiler während des Moratoriums vom Netz gehen müssen, die ohne Laufzeitverlängerung nicht mehr über Strommengen verfügen würden. „Das ist der Sinn des Moratoriums“, sagte er. Er persönlich gehe zudem davon aus, dass diese Meiler danach auch nicht wieder ans Netz gingen. Betroffen davon ist laut Röttgen nur das baden-württembergische Akw Neckarwestheim I.

Merkel sagte zu der Frage, ab wann die Maßnahme für die betreffenden Meiler greife: „Ich würde mal sagen, wenn wir mit den Kraftwerksbetreibern gesprochen haben.“ Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) sagte dazu, die beschlossene Laufzeitverlängerung sei eine „Option zur befristeten Nutzung der Atomenergie, aber keine Garantie für den Weiterbetrieb jedes einzelnen Kernkraftwerks“.

Merkel sagte mit Blick auf Japan, die dortige Katastrophe „lehrt uns, dass Risiken, die für absolut unwahrscheinlich gehalten wurden, doch nicht vollends unwahrscheinlich sind“. Die Kanzlerin fügte hinzu: „Die Lage nach dem Moratorium wird eine andere sein als die Lage vor dem Moratorium.“

Am Dienstag wollte Merkel mit den Ministerpräsidenten sprechen, in deren Bundesländern Akw sind. Für Donnerstag kündigte die Kanzlerin zudem eine Regierungserklärung im Bundestag an.

Ein RWE-Sprecher sagte in Essen: „Wir nehmen die Entscheidung zur Kenntnis.“ Es gelte das Primat der Politik. Das ebenfalls schon alte Akw Biblis A wäre von dem Moratorium nicht betroffen, es laufe ohne Laufzeitverlängerung bis zum Sommer. EnBW-Chef Hans-Peter Villis erklärte in Stuttgart, sein Konzern biete der Politik „einen offenen Dialog über die Zukunft der Altanlagen an“.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte zu dem Moratorium: „Der Trick ist leicht zu durchschauen. Es geht nur darum, über die Landtagswahlen hinwegzukommen.“ Die Grünen kritisierten das Moratorium scharf. Die Dreimonatsfrist sei so gewählt, dass nur Neckarwestheim davon berührt sei, andere Altreaktoren wie Philippsburg oder Isar 1 aber nicht, erklärte Fraktionschef Jürgen Trittin.

Bayerns Umweltminister Söder sprach sich dafür aus, den alten Reaktor Isar 1 bei Landshut dauerhaft vom Netz nehmen. Das Akw könnte ohne die Laufzeitverlängerung nur bis Mai arbeiten. „Ich glaube, es sollte dann abgeschaltet bleiben, weil nach Einschätzung von Experten eine bautechnische Nachrüstung gegen den Absturz eines Verkehrsflugzeugs kaum möglich ist“, sagte Söder dem „Münchner Merkur“ (Dienstagsausgabe). Nach den Beschlüssen der schwarz-gelben Koalition sollte Isar I eigentlich bis 2019 weiterlaufen. (afp)