Nach einer Studie wachsen in Europa die Vorbehalte gegen Minderheiten und der Wunsch nach autoritären Strukturen

Berlin. In Europa wächst laut einer neuen Studie der Wunsch nach autoritären Regierungsformen. Danach ist fast jeder dritte Deutsche der Ansicht, dass ein "starker Mann" an der Spitze gebraucht werde, der sich nicht um Parlament oder Wahlen schert. In traditionellen Demokratien wie Großbritannien und Frankreich sind mehr als 40 Prozent dieser Ansicht. In Ländern wie Portugal oder Polen liegt dieser Anteil sogar bei mehr als 60 Prozent.

Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag in Berlin vorgestellte Studie von Wissenschaftlern der Universität Bielefeld im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Schwerpunkte der repräsentativen Befragung der Bevölkerung in acht EU-Mitgliedstaaten waren antidemokratische Haltungen und die Einstellung zu Minderheiten.

Als "besorgniserregend" werteten die Forscher, dass eine Mehrheit in allen Ländern das Gefühl habe, von ihren Politikern nicht verstanden zu werden. Dieses Gefühl politischer Machtlosigkeit gehe oft einher mit dem Wunsch nach einer starken Führerfigur.

Vorurteile und Intoleranz gegenüber Minderheiten sind danach in Europa weiter verbreitet als bislang angenommen. Rund die Hälfte der Befragten ist der Ansicht, es gebe in ihrem Land zu viele Zuwanderer. Ebenso viele verlangen die Bevorzugung von Einheimischen bei Arbeitsplätzen in Krisenzeiten. Mehrheitlich wird zudem der Islam pauschal als "Religion der Intoleranz" verurteilt.

Auch antisemitische Einstellungen sind danach zum Teil tief in den europäischen Gesellschaften verwurzelt. So seien zwischen 17 Prozent der Befragten in den Niederlanden und mehr als 70 Prozent in Polen davon überzeugt, "die Juden" wollten heute Vorteile aus ihrer Verfolgung in der Nazi-Zeit ziehen. Fast jeder zweite Deutsche unterstützt diese These. Ein Drittel der befragten Europäer glaubt an die Überlegenheit von weißen gegenüber schwarzen Völkern.

Deutschland liegt bei der Verbreitung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit laut der Studie im europäischen Mittelfeld. Das Ausmaß der Abwertung von Muslimen sei in der Bundesrepublik allerdings höher als bei den westeuropäischen Nachbarn. Dies gelte auch für die antisemitischen Einstellungen. Die Wissenschaftler fanden einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Einstellungen sowie Alter, Bildung und Einkommen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nehme in der Regel mit dem Alter zu und mit besserer Bildung und einem höheren Einkommen ab.

Untersucht wurden die Einstellungen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Portugal, Polen, Ungarn und den Niederlanden.