Thomas de Maizière geht gleich nach seiner Ernennung an die Arbeit - Hans-Peter Friedrich dagegen auf Konfrontation zu Bundespräsident Wulff

Berlin. Für Thomas de Maizière ist es offenbar ein guter Start in sein neues Leben als Bundesverteidigungsminister. Die Sonne scheint durch die hohen Fenster des großen Saals im Schloss Bellevue, und auch de Maizière strahlt immer wieder während der kurzen Zeremonie, in der er von Bundespräsident Christian Wulff seine Ernennungsurkunde erhält.

Ein bisschen ernster ist der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich, als er offiziell ins Bundeskabinett aufsteigt. Vielleicht liegt das daran, dass kurz zuvor sein Parteifreund Karl-Theodor zu Guttenberg entlassen wurde. Auch mit Urkunde und einem Händedruck des Bundespräsidenten. "Ich danke Ihnen für Ihren überaus engagierten Einsatz und zolle Ihnen ausdrücklich Respekt", hatte Wulff gesagt. Eine Gefühlsregung gab es auf Guttenbergs Gesicht in diesen Sekunden nicht. Der Verteidigungsminister a. D. hatte sich am gestrigen Vormittag zum ersten Mal nach seinem Rücktritt am Dienstag wieder in der Öffentlichkeit gezeigt.

Am Mittag tritt Guttenberg noch einmal vor die Kameras und übergibt seinem Nachfolger de Maizière Amt und Ministerium mit militärischen Ehren. Später führt der neue Dienstherr der rund 250 000 Soldaten erste Übergabegespräche - um schnell da weiterzumachen, wo sein Vorgänger aufgehört hat: Vor allem bei der derzeit größten und wichtigsten Baustelle, der Bundeswehrreform. Während Guttenberg die Wehrpflicht bereits ausgesetzt hat, muss sich de Maizière jetzt um die Verkleinerung der Streitkräfte kümmern. Rund 65 000 Soldaten weniger soll es künftig geben - und damit auch deutlich weniger Kasernen. Das ist der schwierigste Teil des Mammutprojekts: Schließlich ist eine Kaserne ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor, den kein Ministerpräsident gern hergeben möchte. Doch darüber muss de Maizière erst Mitte des Jahres entscheiden.

Schon in den kommenden Tagen stehen jedoch die Etat-Verhandlungen an - und da dürfte es vor allem mit dem Koalitionspartner FDP ans Eingemachte gehen. Denn das Verteidigungsministerium muss bis 2014 rund 8,3 Milliarden Euro einsparen - so sieht es das Sparpaket von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor. Nachdem Guttenberg immer wieder betont hatte, die Reform so nicht finanzieren zu können, hatte Schäuble die Frist auf Ende 2015 verlängert. Die Liberalen wollen allerdings an den ursprünglichen Sparplänen festhalten. "Die Haushaltsdisziplin gilt unabhängig vom Namen des zuständigen Ministers auch für den Wehretat", betont Generalsekretär Christian Lindner unmittelbar nach de Maizières Amtseinführung. Und noch ein weiteres Reformproblem zeichnet sich ab: zu wenig Freiwillige für den neuen Freiwilligendienst. De Maizière wird auch eine klaffende Personallücke zu stopfen haben.

Zudem muss der neue Verteidigungsminister in nicht allzu ferner Zukunft mit dem Untersuchungsbericht zum tödlichen Unfall auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock" rechnen. Wieder wird dann die Offiziersausbildung der Marine im Fokus stehen - und auch die Frage, ob alles so bleiben kann wie bisher. Ungeklärt ist weiterhin, wie es zur geöffneten Feldpost kam - und wie ein Soldat in Afghanistan bei einem Schießunfall durch die Waffe eines Kameraden sterben konnte. Am Ende des Jahres muss de Maiziere dann den ersten Teilabzug der Truppen vom Hindukusch organisieren.

Auch der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat eine ganze Reihe offener Baustellen zu bearbeiten. Nachdem der Bundespräsident ihm seine Ernennungsurkunde überreicht, stellt er sich fast eine Stunde der versammelten Berliner Hauptstadtpresse - und geht bei einem äußerst heiklen Thema gleich auf Konfrontation zu Wulff. Es lasse sich "nicht belegen", dass der Islam zu Deutschland gehöre, sagt Friedrich. Genau das hatte der Bundespräsident am 3. Oktober des vergangenen Jahres gesagt - und damit eine wochenlange Debatte ausgelöst. Auch gestern kommt es sofort zu empörten Reaktionen, etwa von Seiten der Grünen und dem Zentralrat der Muslime. Als Innenminister ist Friedrich auch für Integrationsthemen zuständig. Seine Vorgänger de Maizière und Schäuble hatten sich für den Dialog und eine stärkere Einbindung der Muslime in Deutschland eingesetzt.

Das zweite schwierige Feld, dem sich Friedrich stellen muss, ist die von de Maizière angestoßene und umstrittene Polizeireform, bei der es um eine Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei geht. Der schärfste Kritiker dieser Pläne ist ausgerechnet Friedrichs Parteifreund, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Hier will sich Friedrich jedoch Zeit lassen und zunächst das Gutachten der mit den Plänen beauftragten Expertengruppe unter die Lupe nehmen.

Genauso wie sein Vorgänger will es Friedrich in Sachen Vorratsdatenspeicherung halten - und damit weiterhin einen anderen Kurs fahren als die FDP. Geht es nach ihm, sollen die Daten zur Terrorbekämpfung gespeichert werden. Den Liberalen ist das zu rigide - sie wollen die Speicherung nur auf konkreten Verdacht hin möglich machen. Einen Koalitionsstreit gibt es auch in der Frage, ob Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt gelöscht oder gesperrt werden sollten. Auch hier steht im Sommer eine Entscheidung an.