Das Hamburger Abendblatt beantwortet Fragen zu den Vorwürfen gegen Guttenberg

Verteidigungsminister Guttenberg soll bei seiner Promotion Textstellen zum Teil wortwörtlich und ohne Quellenangabe übernommen haben. Das Hamburger Abendblatt klärt, wie die Vorwürfe juristisch zu bewerten sind.

Gegen welche Vorschriften könnte Guttenberg verstoßen haben?

Wörtliche und sinngemäße Zitate müssen in Fußnoten und im Literaturverzeichnis angegeben werden. Nach Angabe des Hamburger Rechtswissenschaftlers Ulrich Karpen liegt laut gültigem Regelwerk für wissenschaftliche Arbeiten ein Fehlverhalten unter anderem bei einer "Anmaßung oder unbegründeten Annahme einer Autoren- oder Mitautorenschaft" vor. Man spricht dann von einem Plagiat. "Eine solche Anmaßung liegt dann vor, wenn jemand nicht sagt, wo ein Text herkommt", sagt Jurist Karpen. "Insofern ist für mich bei Guttenberg der Vorwurf eines Plagiats wahrscheinlich erfüllt."

Guttenbergs Doktorarbeit hat mehrere Hundert Seiten Umfang und mehr als 1000 Fußnoten. Wie gravierend sind übernommene Textpassagen im Umfang einiger Seiten?

"Bei ein, zwei Stellen hätte ich noch Verständnis", sagt Karpen. Hier aber handele es sich offensichtlich um "eine Übernahme im erklecklichen Umfang". Für die Aberkennung der Doktorarbeit müssten nun die Universitätsgremien feststellen, dass die Textübernahmen wiederholt, planmäßig, in größerem Umfang, vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgenommen worden seien.

Muss Guttenberg seinen Doktortitel zurückgeben, wenn sich der Plagiatsvorwurf erhärtet?

Das muss nun von den zuständigen Gremien der Universität Bayreuth entschieden werden. Sollten die ihm die Doktorwürde aberkennen, kann Guttenberg dagegen Karpen zufolge vor dem Verwaltungsgericht klagen. Dann komme es darauf an, ob die Richter die Textübernahme für schwerwiegend und planmäßig hielten.

Wäre die Feststellung eines Plagiats auch strafrechtlich relevant?

"Ja", sagt Karpen. Und zwar dann, wenn es um die Frage der Urheberschaft von geistigem Eigentum gehe. Die Verletzung des geistigen Eigentums eines anderen Autors nachzuweisen sei bei geisteswissenschaftlichen Formulierungen schwierig, aber nicht unmöglich. Dazu müsse sich der eigentliche Verfasser aber selbst melden. Er kann dann eine Schwärzung der Textstellen, eine Unterlassungserklärung und Schadenersatz fordern.

Könnte Guttenbergs Dissertation in der Bewertung von der Bestnote auf ein Mittelmaß zurückstuft werden?

"Eine Zurückstufung wäre für mich eine Art Teppichhandel", warnt Karpen. Entweder sei eine Arbeit gut oder nicht. Denkbar sei höchstens, dass man bei der ersten Durchsicht der Arbeit Plagiate entdeckt hätte und deswegen die Note zurückgestuft hätte. Dazu sei es aber jetzt zu spät.

Wie transparent ist die Vergabe von Doktorgraden an deutschen Hochschulen und Universitäten?

"Die deutschen Doktorarbeiten sind sehr anerkannt, und das soll auch so bleiben", sagt Karpen. Dieses Renommee liege auch an der Transparenz: Der Annahme eines Doktoranden muss eine Kommission zustimmen. Die Abschlussarbeit wird von zwei unabhängigen Prüfern gelesen. Unterscheidet sich die Note deutlich, muss wieder eine Kommission entscheiden.