Kitas sollen in Wohngebieten nicht mehr gerichtlich verhindert werden können

Berlin. Klagen gegen den Lärm aus Kindergärten, Kitas oder von Spielplätzen sollen deutlich erschwert werden. Das Bundeskabinett beschloss dazu eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Die Regierung sieht dies als Beitrag für eine kinderfreundlichere Gesellschaft. Mit einer Änderung der Baunutzungsverordnung sollen zudem Kindertageseinrichtungen in Wohngebieten generell erlaubt werden.

Auch in Hamburg hatte es immer wieder Klagen gegen Kinderlärm gegeben

Immer wieder hatten Anwohner mit Klagen verhindert, dass Kitas dort errichtet werden können oder wegziehen mussten. So musste im Jahr 2008 die Kita "Marienkäfer" in Hamburg-Marienthal umziehen, weil sie Nachbarn zu laut ist. Anwohner hatten erfolgreich gegen den Krach der Kleinen geklagt. Aber auch am neuen Standort gab es Beschwerden: Der Kita-Betreiber muss schließlich eine Lärmschutzwand errichten. Im gleichen Jahr verbot das Oberverwaltungsgericht Hamburg den Betrieb einer Kindertagesstätte mit 60 Plätzen im Stadtteil Othmarschen. Eine Kita dieser Größenordnung sei in dem "besonders geschützten Wohngebiet" nicht zulässig, gab das Gericht klagenden Nachbarn recht.

Allerdings beinhaltet die geplante Lärmregelung nicht das private Spielen von Kindern oder Bolzen etwa auf dem Parkplatz vor dem Haus. Hierzu hatte es in der Vergangenheit Urteile gegeben, die Gemeinden aufforderten, Kindern das private Kicken notfalls zu verbieten. In dem neu eingefügten Gesetzespassus heißt es: "Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung."

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) betonte: "Mit dem Gesetz zur Privilegierung des Kinderlärms setzen wir ein klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft." Kinderlärm dürfe nicht wie Industrielärm behandelt werden. Die neue bundesweite Regelung muss noch vom Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Vor einem Jahr hatte Berlin als erstes Bundesland Kinderlärm rechtlich bessergestellt. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte: "Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und Kindertagesstätten nicht an die Randgebiete verdrängt, sondern da hin, wo die Familien wohnen." Klar seien Kinder laut, machen Krach, weinen, schreien, lachen. "Das sind die Geräusche, die das Leben macht - und niemand von uns war als Kind anders", sagte die schwangere Ministerin.

Seniorenunion und Verbände begrüßen den Beschluss der Regierung

Die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth (CDU), sagte: "Kinder und ihre Lebendigkeit gehören zu unserem Leben." Auch die Senioren-Union, deren Vize Leonhard Kuckart Kindergeschrei jüngst als "unzumutbare Lärmbelästigung" bezeichnet hatte, begrüßte nun den Beschluss. Der Bundesvorsitzende Otto Wulff sagte: "Solidarität zwischen den Generationen muss erlebt, gelebt und nötigenfalls erlernt werden - und zwar dort, wo das Leben ist: mitten unter uns." Die Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Paula Honkanen-Schoberth, sagte: "Kinder dürfen nicht hinter Lärmschutzwände oder ins Gewerbegebiet verdrängt werden."