Nachtragshaushalt Nordrhein-Westfalens droht zu scheitern. Neuwahlen wären dann möglich

Münster. Die rot-grüne Minderheitsregierung von Nordrhein-Westfalen droht mit ihrem Nachtragshaushalt 2010 juristisch zu scheitern. Der NRW-Verfassungsgerichtshof meldete in der Verhandlung über eine Oppositionsklage gestern in Münster Zweifel an der Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit zusätzlicher Schulden an. Am 15. März folgt das Urteil. CDU und FDP hatten geklagt, weil sie den erst im Dezember vom Düsseldorfer Landtag verabschiedeten Nachtragshaushalt für verfassungswidrig halten. Rot-Grün hatte die Verschuldung von 6,6 auf 8,4 Milliarden Euro erhöht.

Gerichtspräsident Michael Bertrams monierte in der rund zweistündigen Verhandlung, die im Nachtragsetat verankerte 1,3 Milliarden Euro hohe Risikovorsorge für WestLB-Altlasten sei bis zum Ablauf des Jahres "faktisch nicht gebraucht" worden. Bertrams und seine Richterkollegen zweifelten angesichts des Wirtschaftswachstums auch an, dass die Landesregierung eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts habe feststellen können. Außerdem stellten die Richter kritische Fragen an den Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), auf welcher gesetzlichen Grundlage zusätzliche Millionenausgaben für Kitas und Kommunen erfolgten. Ferner mahnte Bertrams bei der Befragung des Ministers und seiner Rechtsvertreter die Einhaltung der "Generationengerechtigkeit" in der Finanzpolitik an.

Walter-Borjans verteidigte vor Gericht die Extraschulden. Gerade die Risiken aus Altlasten der angeschlagenen WestLB seien seit Verabschiedung des Etats nicht kleiner geworden. Der Minister sprach von einer "Dramatik" um die Sanierung der Landesbank. Der WestLB-Posten im Etat sei ein wichtiges Signal an die Märkte.

In keinem Fall handele es sich bei der zurückgelegten Summe um einen "Sparstrumpf" für andere Zwecke, sagte der Finanzminister weiter. Es gebe eine "Labilität der Wirtschaftsentwicklung". Die zusätzlichen Schulden seien auch nötig, weil die alte CDU/FDP-Regierung unter anderem die Kitas unterfinanziert habe.

Der Richterspruch wird mit Spannung erwartet. Nicht ausgeschlossen sind Neuwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland, falls das höchste Gericht des Landes den Nachtragsetat kippt. Derzeit regiert in NRW eine rot-grüne Minderheitsregierung. Der Verfassungsgerichtshof hatte bereits am 18. Januar per einstweiliger Anordnung die Aufnahme neuer Kredite für den Etat 2010 vorerst untersagt. Dies war ein Novum in der Landesgeschichte.