Landwirtschaftsministern Ilse Aigner fordert Berufsverbot für Futtermittelpanscher

Berlin. Rund fünf Wochen nach den ersten Funden von Dioxin in Lebensmitteln wird das Bundeskabinett aus Union und FDP heute erste Maßnahmen des von Bund und Ländern vereinbarten Aktionsplans verabschieden. So soll zunächst das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch um zwei Regelungen ergänzt werden: Zum einen wird es künftig eine Meldepflicht für private Labore geben, zum anderen wird ein Dioxin-Frühwarnsystem eingeführt. "Es gibt in Deutschland in Zukunft schärfere Kontrollen, eine dichtere Überwachung und höhere Auflagen für Lieferanten", kündigte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) im Hamburger Abendblatt an. "Wir werden die Futter- und damit auch die Lebensmittelkette deutlich sicherer machen", versprach die Ministerin.

Als nächsten Schritt zur Umsetzung des Mitte Januar beschlossenen 14-Punkte-Aktionsplans soll die Zulassung von Futtermittelbetrieben in einer Verordnung neu geregelt werden. Betriebe, die Futterfette und Futterfettsäuren herstellen, dürfen demnach erst nach einer Überprüfung durch die Behörden ihren Betrieb aufnehmen. Die Zulassungspflicht soll mit strengen Kriterien verknüpft werden.

Die vereinbarte künftige Trennung der Produktion von Futterfetten und Industriefetten soll in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Aigner will die einzelnen Punkte ihres Aktionsplans national "mit Hochdruck" umsetzen und auch auf EU-Ebene auf ein gemeinsames Vorgehen drängen, wie sie betonte. "In dieser Krise liegt auch eine Chance - die Chance, unsere Futter- und Lebensmittelkette in ganz Europa sicherer zu machen, indem wir gemeinsam das Sicherheitsnetz noch enger knüpfen und die Standards erhöhen."

Den aktuellen Skandal hatte der Futtermittelunternehmer Harles und Jentzsch aus dem schleswig-holsteinischen Uetersen ausgelöst. Das Unternehmen steht in Verdacht, in einem illegalen Mischwerk im niedersächsischen Bösel mit Dioxin belastete technische Mischfettsäure zu Futterfett verarbeitet zu haben - und das nicht nur einmal, sondern möglicherweise regelmäßig. Das verunreinigte Futterfett wurde bundesweit an Mischfutterwerke geliefert. Sowohl Eier als auch Fleisch galten in der Folge als dioxinverseucht. Hunderte Höfe mussten gesperrt werden. Wie lange die Fette vermischt wurden, ist jedoch noch unklar. Auch zu der Frage, ob die Tat vorsätzlich passierte, wird noch ermittelt.

"Wer Futtermittel in krimineller Absicht panscht, muss mit einem Berufsverbot belegt werden", forderte Aigner. Dafür brauche man aber kein neues Gesetz, die entsprechenden Bestimmungen gebe es längst. "Die Gewerbeordnung erlaubt es, jemandem die Ausübung eines Gewerbes zu untersagen, wenn er sich als unzuverlässig erwiesen hat", sagte die Ministerin. Auch das Strafgesetzbuch kenne als Rechtsfolge einer rechtswidrigen Straftat seit jeher auch die Anordnung eines Berufsverbots. "Das geltende Recht muss konsequent umgesetzt werden", appellierte Aigner. Zudem müsse man den Strafrahmen kritisch prüfen. Gemeinsam mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will Aigner Mitte Februar mit Rechtssachverständigen über dieses Thema beraten. "Seit 1974 ist der Strafrahmen im Lebensmittel- und Futtermittelbereich unverändert geblieben", sagte die Landwirtschaftsministerin. Was sich in der Zwischenzeit aber deutlich verändert habe, seien die globalen Warenströme. "Heute kommen verschiedenste Futter- und Lebensmittel aus allen Teilen der Welt zu uns. Wenn nur ein Bestandteil nicht einwandfrei ist, kann das eine große Zahl von Verbrauchern und Landwirten treffen" stellte Aigner klar. Ein einziger Rechtsverstoß könne verheerende Folge haben. "Wir werden deshalb das Netz der Überwachung noch enger knüpfen, aber wir müssen auch über härtere Strafen reden." Der Präsident des deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, hatte nach Bekanntwerden der jüngsten Fälle sogar ein lebenslanges Berufsverbot für Panscher gefordert.

Auf der Agenda der kommenden Wochen und Monate steht auch eine Novellierung des Verbraucher-Informationsgesetzes. Demnach sollen die zuständigen Behörden noch in diesem Jahr verpflichtet werden, die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung über alle Grenzwertüberschreitungen umgehend zu veröffentlichen. Zudem soll es eine auf EU-Ebene verbindliche Positivliste für Einzelfuttermittel geschaffen werden. Sie schreibt vor, welche Stoffe bei der Fütterung eingesetzt werden dürfen.