Die Galionsfigur der "Gorch Fock" stellt einen Albatros dar. Nach uraltem Mythos wohnen in Albatrossen, Möwen und Sturmvögeln die Seelen der toten Seeleute. Galionsfiguren sollen Schiffe vor Unglück bewahren, deshalb gilt es als schlechtes Omen, wenn sie beschädigt werden oder verloren gehen. Viermal ist das der "Gorch Fock" widerfahren, so oft wie keinem anderen Großsegler. Und: Seit 1963 ereigneten sich sechs tödliche Unfälle an Bord.

Der erste Albatros war aus Holz und riss schon wenige Jahre nach Indienststellung des Schulschiffs (1958) ab. Der Ersatzvogel, ebenfalls aus Holz, wurde 1969 aus Gewichtsgründen durch eine Figur aus leichterem Polyester ausgetauscht. Diese zerbrach 2000, als sie bei einer Renovierung der "Gorch Fock" abmontiert werden musste. Der vierte Albatros verschwand im Winter 2002 bei schwerer See im Ärmelkanal, der fünfte - aus Eschenholz, 800 Kilogramm schwer und mehr als 100 000 Euro teuer - fast genau ein Jahr später in der Biskaya. Der jetzige besteht aus Kohlefaser.

Aberglaube ist in der Seefahrt traditionell mehr verbreitet als anderswo. Während die Galionsfigur als Schutzpatronin häufig eine Frau darstellte, brachten echte Frauen an Bord Unglück. Katzen hingegen waren ein gutes Zeichen. Als Unglückstag galt der Freitag, an dem man besser nicht auslief. Und ohne Seetaufe, so glaubte man, habe ein Schiff keine gute Zukunft. Die "Titanic" zum Beispiel war nicht getauft.