Immer wieder stellen sich aufsässige Besatzungen gegen die Führung ihres Schiffes. Stoff für Romane und Klassiker der Filmgeschichte

Hamburg. Es gab im Laufe der Seefahrtgeschichte Schiffe, auf denen galt schon der aufsässige Blick oder eine herausfordernde Haltung gegenüber Vorgesetzten als Meuterei. Und sie wurde barbarisch bestraft. Peitschenhiebe auf den nackten Rücken vor den Augen der gesamten Mannschaft sollten nicht nur den Widerstand der Aufsässigen brechen, sondern auch allen Übrigen zur Warnung dienen.

Die harten Strafen auf See hatten zwei Hintergründe. Erstens konnten Zwistigkeiten auf See ein ganzes Schiff gefährden, weil es sich nicht mehr manövrieren ließ. Denn es gibt Segelmanöver, für die sind alle Hände an Bord notwendig. Und zwar im Gleichtakt. Segeln ist Teamarbeit.

Der zweite Grund ist die Zusammensetzung von Schiffsbesatzungen im 17. und 18. Jahrhundert. Da waren keineswegs nur Freiwillige an Bord. Auch Kapitän James Cook (1728-1779), der zu den mutigsten und erfolgreichsten Entdeckern der Seegeschichte gehört, musste sich unbequeme Fragen nach einem kriminellen Hintergrund stellen lassen, als er sich freiwillig zum Dienst in der englischen Marine meldete. Zur See zu fahren war für viele straffällig gewordene Männer die schnellste und zuverlässigste Flucht. Noch schlimmer war es bei den zum Dienst gepressten Seeleuten. Pressgangs der Militärs streiften durch die Straßen der Städte und nahmen Männer fest, um sie zum Dienst auf Marineschiffen zu zwingen. Ähnlich war es mit dem "Shanghaien", wobei Männer bis zur Bewusstlosigkeit betrunken gemacht wurden und auf hoher See an Bord eines Schiffes aufwachten. Es ist nachvollziehbar, dass sie ihren Dienst nicht willig verrichteten. Und Offiziere bemühten sich, ihren Widerstand mit Gewalt zu brechen.

Die berühmteste Meuterei der Seegeschichte ist wohl jene auf der "Bounty", die Stoff für Romane und Verfilmungen bot. Hintergrund waren andauernde Zwistigkeiten während einer Südseereise zwischen Kapitän William Bligh und seinem Wachführer Fletcher Christian um die Art, wie sie die Mannschaft behandelten.

Der Streit eskalierte am 28. April 1789, als Teile der Mannschaft Kapitän Bligh festnahmen, ihn seiner Position enthoben und mit 17 Männern, die zu ihm hielten, in einem sieben Meter langen Boot aussetzten. Es ist eine navigatorische Meisterleistung, wie Bligh es mit notdürftigen Navigationsmitteln, zu denen auch seine Taschenuhr gehörte, in 41 Tagen über 5800 Kilometer bis zu einer niederländischen Faktorei auf der Insel Timor steuerte.

Fletcher Christian und seine Getreuen konnten als Meuterer nicht nach England zurückkehren, sondern steuerten die einsame Insel Pitcairn an, wo sie sich mit einheimischen Frauen zusammentaten. Nachkommen von ihnen leben noch heute dort.

Politische Folgen hatte die Meuterei von Matrosen auf dem Linienschiff "Potemkin" der russischen Schwarzmeerflotte. Sie richtete sich im Hafen von Sewastopol gegen die kaiserlichen Offiziere an Bord und waren Ausdruck eines Klassenkampfes. Der Vorfall wurde später von Regisseur Sergej Eisenstein verfilmt und gehört unter dem Titel "Panzerkreuzer Potemkin" zu den Klassikern der Filmgeschichte.

Im Oktober 1918, gegen Ende des Ersten Weltkrieges, meuterten Matrosen in Kiel und weigerten sich hartnäckig, zu einem Gefecht gegen die britische Marine auszulaufen. Der Aufstand weitete sich innerhalb weniger Tage zur sogenannten Novemberrevolution aus, die zum Sturz der Monarchie in Deutschland führte.