Innenminister sieht nach wie vor “ernst zu nehmende Hinweise“

Berlin. Die Gefahr islamistischer Terroranschläge in Deutschland ist nach Einschätzung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) noch nicht gebannt. Die Sicherheitsmaßnahmen würden dann zurückgefahren, wenn er es für richtig halte. "Heute ist das noch nicht der Fall", sagte er im Deutschlandradio. De Maizière hatte Mitte November vor Anschlägen - möglicherweise noch vor Weihnachten - gewarnt. Bislang blieb es aber ruhig.

Auf die Frage, ob Deutschland tatsächlich kurz vor einem Anschlag gestanden habe, sagte der Minister: "Wenn wir das so genau wüssten." Man werde nie mit letzter Sicherheit erfahren, ob ein Anschlag wegen der öffentlichen Präsenz der Polizisten und der "guten verdeckten Arbeit" der Sicherheitsbehörden ausgeblieben sei oder ob ein Anschlag später stattfinde oder nie geplant gewesen sei. "Aber zum damaligen Zeitpunkt und auch heute gehen wir von ernst zu nehmenden Hinweisen aus, die wir sauber und präzise abarbeiten."

Befragt nach möglichen Tätern sagte de Maizière: "Die potenziellen Täterkreise sind die gleichen, wie sie auch etwa in Skandinavien oder in anderen Gegenden der Welt aktiv geworden sind." Es gebe al-Qaida und Untergruppen. "Wir haben gegebenenfalls auch Einzeltäter, die sich darauf berufen. Aber die bisherigen Anschlagsvorbereitungen, mit denen wir zu tun hatten, sind Ergebnis weltweit agierender organisierter Terrorgruppen."

Im Dezember hatte sich ein Schwede irakischer Abstammung in Stockholm in die Luft gesprengt. Bei der Explosion seines Autos waren zwei Passanten leicht verletzt worden. Zudem wurden in Dänemark und Schweden insgesamt fünf mutmaßliche Islamisten festgenommen, die einen Anschlag auf die Redaktion der Zeitung "Jyllands-Posten" geplant haben sollen. Diese hatte als Erste die Karikaturen des Propheten Mohammed veröffentlicht und einen Aufschrei der Empörung in der islamischen Welt ausgelöst.

Unterdessen dringen die Innenminister der Länder auf eine rasche Neuregelung zur Vorratsspeicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten. Derzeit gebe es eine erhebliche "Schutzlücke", sagte der neue Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU). Dabei gehe es nicht nur um die Abwehr von Terrorgefahren, sondern auch um den Kampf gegen Kinderpornografie und organisierte Kriminalität.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung im März gekippt. Seitdem dürfen Telefon- und Internetverbindungsdaten nicht mehr ohne Anlass für sechs Monate gespeichert werden. Union und FDP streiten darüber, wie eine Neuregelung aussehen könnte. Rhein lehnte das von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ins Spiel gebrachte "Quick Freeze", das schnelle Einfrieren von Verbindungsdaten bei konkretem Anlass als ungeeignet ab.