Saar-Ministerpräsident wünscht sich Änderungen des Grundgesetzes und ruft zu Gemeinsinn auf

Hamburg. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hat sich für Volksentscheide auch auf Bundesebene ausgesprochen. "Wir haben Plebiszite in Ländern und Kommunen. Das Grundgesetz ist bisher sehr zurückhaltend. Eine Öffnung kann ich mir vorstellen", sagte der Regierungschef abendblatt.de, der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts.

Müller schlug ein "mehrstufiges Verfahren zu einem Plebiszit" vor, um "Entscheidungen aus einer emotionalen Sondersituation heraus" zu verhindern. Dabei erinnerte der Regierungschef auf Erfahrungen in der Schweiz: "Wir haben vor einigen Wochen erlebt, dass die Schweizer nach einem aufgeheizten Wahlkampf für das schärfste Ausländerrecht Europas gestimmt haben. Und ich bin mir nicht sicher, wie in Deutschland ein Plebiszit zum Bau von Moscheen ausgehen würde."

Mit Blick auf die Bürgerproteste etwa gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 rief Müller zu mehr Gemeinsinn auf. "Eine Dagegen-Republik ist nicht zukunftsfähig", sagte er. "Eigene Interessen zu verfolgen ist legitim, muss aber immer auch gemeinwohlbezogen sein. Viele Prozesse verlaufen nach dem Motto: Wenn jeder an sich selber denkt, ist an alle gedacht. Das kann nicht richtig sein."

Inzwischen will auch die SPD auf Bundesebene Volksinitiativen, Volksentscheide und Volksgesetzgebung einführen. Die Grünen fordern seit Längerem mehr direkte Demokratie auf Bundesebene. Spitzenpolitiker der Union hatten bislang derartige Forderungen abgelehnt. Gegen Volksentscheide auf Bundesebene hatten sich zuletzt Unions-Fraktionschef Volker Kauder und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) ausgesprochen. Kauder hatte die Mitentscheidungsmöglichkeiten auf Kommunal- und Landesebene als ausreichend bezeichnet. Lammert hatte gesagt, die Frage, wo in Deutschland ein Endlager für nukleare Brenn-stäbe errichtet werden könnte, sei nicht durch Volksabstimmungen zu klären.

Dagegen hält das FDP-Präsidium Volksentscheide zu Beginn eines Großprojekts für sinnvoll, um deren Akzeptanz zu erhöhen. Im Gegenzug müsse das Planungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden.