Wirtschaftsminister Rainer Brüderle stimmt FDP auf ihr Dreikönigstreffen ein

Stuttgart. Rainer Brüderle ist in Höchstform. Länger als eine halbe Stunde steht er am Pult oben auf dem Podium und redet sich ein bisschen in Rage. "Ihr seid Kämpfer", ruft er in den Saal. "Und jetzt kämpft." Standing Ovations. Das erste Mal an diesem Tag im Hegelsaal des Stuttgarter Kultur- und Kongresszentrums, wo die FDP des Landes Baden-Württemberg am Dienstag und Mittwoch ihren Parteitag veranstaltet hat. Gestern, einen Tag vor dem traditionellen Dreikönigstreffen aller Liberalen im nicht weit entfernten Opernhaus, ist er mit dem Beschluss eines Regierungsprogramms zu Ende gegangen. Für den Fall, dass die FDP ab 27. März hier weiterhin regieren darf.

Es ist Wahlkampf im Ländle. "Weschterwelle", wie die Schwaben den angeschlagenen FDP-Chef nennen, ist zumindest vordergründig kein Thema an diesem Tag. Es soll um Inhalte gehen, nicht um Personalien. Hier und da wird auf die Debatte geschimpft, die gerade über die Zukunft von Guido Westerwelle geführt wird. "Keiner guckt mehr auf die Politik, die wir machen", beschwert sich ein Parteimitglied. Und doch zieht auch bei diesem Parteitag eine Personalie die Aufmerksamkeit auf sich: Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Er ist hier so etwas wie der Stargast. Ständig umringt ihn eine großen Menschentraube, junge Nachwuchsliberale Anfang 20 lassen sich mit dem 65-jährigen Brüderle fotografieren. Und dann diese Rede, die die Delegierten buchstäblich von den Stühlen reißt. Vielleicht war sie genau das, was die Parteimitglieder gebraucht haben angesichts der desaströsen Umfragewerte, die sich in den letzten Wochen bei einem Wert zwischen drei und fünf Prozent eingependelt haben.

Um einen für die FDP viel wichtigeren Auftritt geht es heute, wenn Guido Westerwelle beim Dreikönigstreffen sprechen wird. Die Erwartungen an ihn sind hoch - schließlich wird er sich nach seinem Weihnachtsurlaub in Ägypten erstmals zur Lage seiner Partei und zu seiner politischen Zukunft äußern. FDP-Generalsekretär Christian Lindner versuchte dennoch, die Erwartungen zu dämpfen: "Das zu einer Schicksalsrede hochzujazzen, davon halte ich gar nichts", sagte er der "Welt". Fraktionschefin Birgit Homburger sagte, Westerwelle werde in einer kämpferischen Rede eine Positionsbestimmung vornehmen und aufzeigen, wofür die FDP stehe. In Baden-Württemberg, aber auch in den anderen Ländern, in denen in den kommenden Wochen und Monaten gewählt wird, erwartet man ein klares Konzept, wie Westerwelle die Partei aus dem gegenwärtigen Tief zu führen gedenkt. Vor Weihnachten hatte es aus mehreren Landesverbänden Rücktrittsforderungen an den Parteichef gegeben. Westerwelle ließ jedoch streuen, er wolle kämpfen. Brüderle hat dafür schon mal die Vorlage geliefert.