Wirtschafts- und Außenpolitiker der Koalition fordern schnellen Abschluss der Doha-Runde. CDU nimmt Brüderle in die Pflicht.

Berlin. Im kommenden Jahr wollen sich die Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation WTO auf eine Neuordnung des Welthandels einigen: Nach zehn Verhandlungsjahren soll die sogenannte Doha-Runde verbindliche Ergebnisse erzielen, um Zölle und weitere Handelsbeschränkungen drastisch zu reduzieren. Einer der großen Profiteure wäre die Exportnation Deutschland. Wirtschafts- und Außenpolitiker der Koalition drängen die Bundesregierung daher, die Verhandlungen der Doha-Runde 2011 voranzutreiben.

Der Unions-Fraktionsfraktionsvize Michael Fuchs sagte dem Hamburger Abendblatt: "Deutschland kann und muss hierbei eine Schlüsselrolle einnehmen." Erfreulich sei, dass die Europäische Kommission in ihrer neuen EU-Handelsstrategie erklärt habe, die Verhandlungen im Rahmen der WTO zum Abschluss zu bringen, so der CDU-Politiker. Fuchs nahm Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) in die Pflicht: "Hier müssen die Bundesregierung und auch Minister Brüderle weiterhin Druck machen und auf einen schnellen Abschluss der Doha-Runde drängen." Damit Deutschland seine starke Position im internationalen Wettbewerb und auf den Auslandsmärkten sichern und ausbauen könne, bedürfe es einer weiteren Öffnung der Weltmärkte. "Der Abschluss der Doha-Runde im multilateralen Rahmen bleibt daher unser prioritäres Ziel", sagte Fuchs weiter.

Auch der europapolitische Sprecher der FDP-Fraktion Michael Link forderte die Bundesregierung auf zu handeln: "Ich gehe davon aus, dass sich die Bundesregierung bei unseren internationalen Partnern jetzt mit Nachdruck um einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde bemüht", sagte Link dem Abendblatt. Die FDP unterstütze nachdrücklich die Forderung der G8- und G20-Regierungschefs, die Entwicklungsrunde schnellstmöglich abzuschließen.

Die Doha-Runde wurde 2001 von den Mitgliedstaaten der WTO in der Hauptstadt des arabischen Wüstenstaats Katar ins Leben gerufen, um den globalen Welthandel weiter zu öffnen und die Entwicklungsländer besser in den Welthandel einzubinden. Sämtliche Versuche, die unterschiedlichen Interessen der WTO-Mitglieder in einen Kompromiss münden zu lassen, scheiterten bislang. Auch beim G20-Gipfel der größten Industrie- und Schwellenländer im kanadischen Toronto im Juni 2010 gelang es den Staats- und Regierungschefs nicht, die Verhandlungen einem Abschluss näherzubringen.

Die Koalitionspolitiker verbanden die Forderung nach einem zügigen Doha-Abschluss mit der Mahnung, Deutschlands Position im Wettbewerb zu sichern. Fuchs, der auch Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand (PKM) der Unionsfraktion ist, sagte: "Der Außenhandel ist nach wie vor Basis und Motor unserer Konjunktur. Unsere überwiegend mittelständisch geprägte Exportwirtschaft ist auf multilaterale Regeln angewiesen, die gleiche Bedingungen für alle schaffen", so der Fraktionsvize. Mit fairem Welthandel könne man auch gerade den Schwellen- und Entwicklungsländern helfen. "Daher gibt es eine doppelte Dringlichkeit, hier so schnell wie möglich voranzukommen", sagte Fuchs. Das heiße aber auch, dass insbesondere die USA und die Entwicklungsländer in der Pflicht seien, Zugeständnisse zu machen. Auch Link verwies auf die Bedeutung der Doha-Runde für die deutsche Wirtschaft: "Die Verhandlungen zur Doha-Runde sind ein Schwerpunkt der deutschen Handelspolitik." Die Streitpunkte der Doha-Runde sind seit Beginn der Verhandlungen dieselben geblieben: Die Entwicklungsländer fordern den Abbau der Agrarsubventionen für europäische und US-amerikanische Bauern und wünschen sich einen besseren Zugang für ihre eigenen Produkte zu den Märkten der Industrieländer.

Zugleich wollen die Industrieländer die hohen Industrie- und Importzölle in den Entwicklungsländern senken. Zuletzt näherten sich die Verhandlungspartner einander an, ohne jedoch Ergebnisse vorzuweisen. WTO-Generalsekretär Pascal Lamy will bis Ostern 2011 einen neuen Verhandlungstext für die Doha-Runde vorlegen. Sollte dieser Zustimmung finden, könnte sich die Lage der Weltwirtschaft deutlich verbessern.

Eine Studie der Weltbank vom November 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass ein Abschluss der Doha-Runde - auf Basis der bereits erreichten Verhandlungsergebnisse - weltweit jährlich bis zu 160 Milliarden US-Dollar zusätzliches Einkommen generieren würde. Auch FDP-Außenpolitiker Link erinnerte an die Zahlen: "Das ist weit mehr als das, was an offizieller Entwicklungshilfe ausgegeben wird. Handelserleichterungen und Abbau von Protektionismus sind der effizienteste Weg, um Entwicklungsländern eigene und vor allem faire Chancen zur Teilnahme am Welthandel zu ermöglichen." Jede weitere Verlängerung der Doha-Runde geht zulasten der Armen und der Entwicklungsländer, warnte Link.