Opposition kritisiert Versäumnisse. Entschädigungen sollen individuell geprüft werden

Berlin. Angesichts der massiven Probleme im Zugverkehr infolge des heftigen Wintereinbruchs hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die Deutsche Bahn in Schutz genommen. Zwar erwarte er, dass die Züge "bei plus vierzig Grad genauso wie bei minus vierzig Grad funktionieren müssen", sagte Ramsauer. Die Bahn tue aber bereits viel, um die Zuverlässigkeit der Züge zu erhöhen. Unter anderem habe die Deutsche Bahn mehrere Hundert Gleis- und Weichenheizungen nachgerüstet, sagte Ramsauer.

Zuletzt war der Bahnverkehr in großen Teilen zum Erliegen gekommen, nachdem fingerdicke Eispanzer an den Oberleitungen der Züge den elektrischen Kontakt unterbrochen hatten. Bundesweit war es zu Verspätungen und Zugausfällen gekommen. Daraufhin hatte die Bahn ihren Kunden empfohlen, Reisen zu verschieben.

Klaus-Peter Naumann, Sprecher beim Fahrgastverband Pro Bahn, rief zu mehr Verständnis für die Bahn auf. "Viele Bahn-Angestellte müssen dieser Tage ihre Freizeit opfern und machen Überstunden", sagte er dem Abendblatt. Bahnchef Rüdiger Grube habe kürzlich noch versucht, das Ruder herumzureißen. "Es war geplant, bis zum Wintereinbruch rund 800 neue Weichenheizungen einzubauen. Davon wurden allerdings nur etwa 200 eingebaut." Ramsauers Äußerungen betrachte er als nötig, um Kritik von der Bundesregierung abzuwenden.

"Der von der Bundesregierung auferlegte Sparzwang rächt sich nun. Für 2011 muss die Bahn circa 500 Millionen Euro an den Bundeshaushalt abtreten. Dieses Geld gehört reinvestiert in die Infrastruktur." An den Haushaltsplänen der Bundesregierung übt auch die Opposition Kritik. Es sei "völlig kontraproduktiv, wenn jetzt die aktuelle Bundesregierung zwei Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren vom Gewinn der Bahn zur Haushaltssanierung abfordert", sagte Uwe Beckmeyer, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dem Abendblatt. Dieses Geld müsse im Konzern bleiben und zur Investition in die Flotte und das Netz dienen. Der Bundestagsabgeordnete sieht jedoch auch Versäumnisse bei Bahn. "Um Kosten zu sparen, wurden zu viele beheizte Weichen eingespart. Insofern ist es gut, wenn hier jetzt gegengesteuert wird", so Beckmeyer.

Forderungen nach Entschädigungen für Reisende will die Bahn individuell nachgehen. "Die Anwendung der Fahrgastrechte wird in jedem Einzelfall geprüft und kann damit nicht pauschal beantwortet werden", sagte Egbert Meyer-Lovis, Sprecher bei der Deutschen Bahn, dem Abendblatt. Einen Verweis auf höhere Gewalt konnte er jedoch nicht ausschließen: "Durch extreme Witterungsbedingungen kann es zu Verspätungssituationen kommen, die die Bahn nicht beeinflussen kann", so Meyer-Lovis.