Unterstützung für Westerwelle als Parteichef. Als Außenminister ist Vorgänger Gerhardt im Gespräch

Berlin. Die Debatte um den angeschlagenen FDP-Chef Guido Westerwelle geht weiter: FDP-Politiker Erwin Lotter hat sich dafür ausgesprochen, dass der Parteivorsitzende sein Amt als Außenminister aufgeben und dafür zusätzlich den Fraktionsvorsitz im Bundestag übernehmen sollte. "Westerwelle hat die Fähigkeiten, die die Partei braucht. Er ist rhetorisch brillant, kann zuspitzen und hat ein gutes Gespür für Themen", sagte Lotter dem Abendblatt. "Im Außenamt werden diese Fähigkeiten aus diplomatischen Gründen nicht honoriert." Die Ämter als Partei- und Fraktionschef seien deshalb ideal. "Hier kann er seine Fähigkeiten so richtig ausleben", betonte Lotter, "das braucht die Partei jetzt auch." Der 59-jährige Bayer ist Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der Vereinigung Liberaler Ärzte.

In den letzten Wochen war es zu massiver Kritik an Westerwelle gekommen. Politiker einiger Landesverbände forderten seinen Rücktritt vom Posten des Parteivorsitzenden. Sieben Landtage werden 2011 neu gewählt - angesichts schlechter Umfragewerte befürchten einige Liberale desaströse Ergebnisse. Zuletzt kam die FDP in einer Forsa-Umfrage auf nur drei Prozent. Wie die "Berliner Zeitung" berichtete, hätten 2010 die großen Landesverbände zwischen vier und fünf Prozent ihrer Mitglieder verloren. Das sei der stärkste Einbruch seit zehn Jahren. Während die einen ihren Chef zur Verantwortung ziehen wollen, hält die Parteispitze bislang an Westerwelle fest.

Für das Außenamt schlägt Lotter statt Westerwelle Ex-Parteichef Wolfgang Gerhardt vor. Von 1995 bis 2001 führte er die Partei und ist seit 2006 Vorsitzender der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung. "Er hat große politische Erfahrung und würde außerdem die etwas konservativen Anhänger der Partei ansprechen", glaubt Lotter. Er könne sich gut vorstellen, dass Gerhardt bereit wäre, diesen Posten zu übernehmen, so Lotter. "Auch Gerhardt macht sich große Sorgen um den Zustand der Partei." Zudem gebe es weitere Mitglieder der Fraktion, die diese Variante der Personalwechsel bevorzugen würden.

Zuletzt wurde spekuliert, ob Generalsekretär Christian Lindner den Vorsitz übernehmen könnte. Wie es in Parteikreisen heißt, setzten viele Liberale darauf, dass Westerwelle auf dem traditionellen Dreikönigstreffen am 6. Januar das Ruder an Lindner übergibt. "Lindner ist sicher der kommende Mann in der FDP - egal in welchem Amt. Wer es allerdings gut mit ihm meint, sollte ihm noch etwas Zeit geben", so Lotter. Dass Westerwelle den Vorsitz und das Außenamt behält, gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Obwohl er verkündet hatte, das Deck nicht zu verlassen, wenn es stürmt, ist unklar, ob er nach den ersten Landtagswahlen beim Parteitag im Mai wieder als Vorsitzender kandidieren will. Wie es weitergeht, weiß im Moment wohl nur Westerwelle selbst. Derzeit macht er jedoch Urlaub in Ägypten.