Hundt will Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit ausdehnen

Berlin. Die deutschen Arbeitgeber fordern einen tariflichen Mindestlohn auch für ausländische Anbieter von Zeitarbeitskräften. "Es gibt in Deutschland faktisch bereits einen tariflichen Mindestlohn in der Zeitarbeit. Die Gestaltungsmacht der Tarifpartner endet aber an der Landesgrenze", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt dem Abendblatt. "Deshalb brauchen wir den Gesetzgeber, um den Mindestlohn auch auf ausländische Anbieter von Zeitarbeitskräften auszudehnen."

Hundt erinnerte daran, dass die Bundesrepublik im Mai kommenden Jahres den Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer aus den osteuropäischen EU-Staaten öffnen wird. Er sehe die Gefahr, dass ein deutsches Zeitarbeitsunternehmen etwa in Polen eine Filiale aufmache, dort deutsche Arbeitnehmer einstelle und diese dann "auf Basis eines polnischen Tarifvertrags mit vier oder fünf Euro Stundenlohn" wieder in Deutschland einsetze, sagte Hundt. "Dies würde einen berechtigten öffentlichen Aufschrei geben."

Nach Auffassung der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) wirken die geltenden Tarifverträge in der Zeitarbeit bereits flächendeckend als Lohnuntergrenze. Zudem hätten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften darauf verständigt, am 1. Mai 2011 einen Mindestlohn von 7,79 Euro im Westen und 6,89 Euro im Osten einzuführen. Dieser müsse auf ausländische Anbieter ausgeweitet werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erhebt weiterreichende Forderungen. Angesichts der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU zum 1. Mai müsse die Politik "jetzt rasch handeln und dringend das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort verbindlich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regeln", sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki dem Abendblatt. Nach diesem Prinzip erhalten Zeitarbeiter die gleiche Entlohnung wie die feste Belegschaft. Zusätzlich verlangt Matecki einen Mindestlohn für die Zeitarbeit. "Nur so kann dem Missbrauch in der Leih- und Zeitarbeit dauerhaft ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden", sagte er.

Union und FDP ringen derzeit um eine gemeinsame Antwort auf Lohndumping in der Zeitarbeitsbranche. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach sich wiederholt für die Einführung eines tariflichen Mindestlohns nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz aus. Man müsse "die deutsche Zeitarbeit immun machen gegen tarifliche Niedriglöhne zu drei oder vier Euro, die ab Mai 2011 aus europäischen Nachbarländern zu uns importiert werden könnten", äußerte von der Leyen. Koalitionspartner FDP sperrt sich bislang gegen den Vorstoß der Arbeitsministerin. Die Gespräche hierzu dauern noch an.