Bonn. Einer der meist gesuchten mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrecher ist kurz vor seinem Prozess gestorben. Samuel Kunz, der an der Ermordung von 430 000 Menschen beteiligt gewesen sein soll, sei laut Sterbeurkunde am vergangenen Donnerstag im Alter von 89 Jahren gestorben, teilte ein Gerichtssprecher in Bonn mit. Das Landgericht werde das Verfahren einstellen.

Kunz wurde Mord in zehn Fällen und Beihilfe zum Mord in mindestens 430 000 Fällen vorgeworfen. Von Januar 1942 bis Juli 1943 soll er als Wachmann im Vernichtungslager Belzec im damals besetzten Polen eingesetzt worden sein. Kunz lebte im Rhein-Sieg-Kreis bei Bonn und war zum Zeitpunkt seines Todes nicht in Haft.

Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, äußerte tiefe Enttäuschung darüber, dass Kunz der Gerechtigkeit kurz vor Beginn des Gerichtsverfahrens entkommen sei. "Die Tatsache, dass Kunz Jahrzehnte ungestraft in Deutschland leben konnte, ist das Ergebnis einer fehlerhaften Ermittlungsstrategie, die praktisch jeden Holocaust-Täter ignorierte, der kein Offizier war", sagte er. Ins Rollen gekommen waren die Untersuchungen gegen Kunz durch den Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk in München.