Westerwelle würdigt “Wegweiser für die Entwicklung des Völkerstrafrechts“

Nürnberg. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat gestern in Nürnberg eine neue Dauerausstellung zu den Nürnberger Prozessen eröffnet. "Die Nürnberger Prozesse waren die Antwort auf die Perversion des Rechts im nationalsozialistischen Deutschland", sagte Westerwelle bei dem Festakt, an dem neben seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow auch Vertreter der drei anderen Siegermächte USA, Großbritannien und Frankreich teilnahmen. Weil in Nürnberg politisch, juristisch und menschlich viel gewagt worden sei, seien die Prozesse selbst auch Wegweiser für die Entwicklung des Völkerstrafrechts geworden, "die noch lange nicht abgeschlossen ist", fügte der Außenminister hinzu.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die vier Staaten ab November 1945 in Nürnberg den Kriegsverbrechern der Nazi-Zeit den Prozess gemacht. Die Dauerausstellung "Memorium" arbeitet auf 700 Quadratmetern Fläche vor allem mit Bild- und Tondokumenten die Geschichte der Prozesse auf. Sie ist im Ostgebäude des Justizpalastes schräg über dem Sitzungssaal 600 eingerichtet, dem Originalschauplatz des Hauptkriegsverbrecherprozesses.

Westerwelle würdigte bei der Eröffnung die "große historische Leistung", dass die Alliierten nach Kriegsende der Versuchung widerstanden, Rache zu üben. Stattdessen hätten sie "juristisches und zivilisatorisches Neuland" betreten mit dem Versuch, "unfassbare Verbrechen zum Gegenstand eines Prozesses zu machen". Lawrow bezeichnete den Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess als den größten und wichtigsten in der Geschichte der Zivilisation. Die Frage der Rache, so sagte er, habe sich den Alliierten damals nicht gestellt. Denn Nürnberg sollte nicht zum Racheakt verkommen.

Sechs Jahrzehnte nach den Nürnberger Prozessen habe die internationale Strafgerichtsbarkeit einen festen Platz im Völkerrecht, sagte Westerwelle. 114 Staaten akzeptieren inzwischen die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. "Wir werden beharrlich dafür werben, dass diese Zahl weiter wächst." Die USA erkennen den Gerichtshof nicht an.

Für die Stadt Nürnberg ist die Ausstellung auch ein weiterer wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte: In der fränkischen Metropole fanden nach der Machtergreifung Adolf Hitlers von 1933 bis 1938 die Reichsparteitage statt, die für die Nationalsozialisten zu einem wichtigen Propagandainstrument wurden. Seit 2001 erinnert ein Dokumentationszentrum daran. Mit 200 000 Besuchern im Jahr ist das Zentrum ein Erfolg geworden. Das Memorium soll nun den Bogen schlagen von der Vorgeschichte des Nazi-Terrors zu dessen Aufarbeitung nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945. Die Ausstellung wird heute für die Allgemeinheit geöffnet.